Faidherbe

[281] Faidherbe (spr. fädérb'), Louis Léon César, franz. General, geb. 3. Juni 1818 in Lille, gest. 28. Sept. 1889 in Paris, diente im Geniekorps in Algerien und auf Guadeloupe. 1852 als Unterdirektor des Geniewesens nach dem Senegal gesandt, wurde er 1854 Bataillonschef und Gouverneur der Kolonie daselbst. Er unterdrückte den Aufstand mehrerer tributpflichtiger Stämme und erweiterte das Gebiet der Kolonie beträchtlich. Im Juli 1865 erhielt er als Brigadegeneral das Kommando der Subdivision Bone in Algerien, bis er Ende November 1870 unter Gambettas Diktatur auf den Kriegsschauplatz nach Frankreich berufen ward. Er übernahm 3. Dez. 1870 das Oberkommando über die französische Nordarmee, die soeben unter Leitung des Generals Farre bei Amiens vom General Manteuffel besiegt worden war. Binnen kurzer Zeit gelang es F., die Armee wieder zu komplettieren. Er zog mit dem 22. und 23. Korps nach Süden, überfiel 9. Dez. die kleine Festung Ham und bestand 23. Dez. in einer festen Stellung an der Hallue den Angriff der feindlichen Armee unter Manteuffel. Am 2. und 3. Jan. 1871 griff F., um Péronne zu entsetzen, die Deutschen mit großer Energie bei Bapaume an. Dabei errang er durch seine bedeutende Übermacht einige Erfolge, hatte aber so große Verluste, daß er den Rückzug antrat. Als er Mitte Januar von neuem mit 40,000 Mann ausbrach, um über St.-Quentin und Reims in den Rücken der deutschen Nordarmee (32,600 Mann) zu kommen und den beabsichtigten Ausfall aus Paris zu unterstützen, ward er 19. Jan. bei St.-Quentin von Goeben angegriffen und mit Verlust eines reichlichen Drittels seiner Streitkräfte gänzlich geschlagen. Nach Abschluß des Waffenstillstandes beteiligte er sich als Mitglied der Nationalversammlung eifrig an den politischen Angelegenheiten, indem er sich der Partei Gambettas anschloß. Er wurde 1879 zum Senator gewählt, 1880 zum Großkanzler der Ehrenlegion ernannt. 1891 wurde in Bapaume sein Standbild errichtet. F. hat sich auch um die Geographie und Ethnologie des nordwestlichen Afrika verdient gemacht. Seine hierauf bezüglichen Werke sind außer mannigfachen Beiträgen zum Bulletin der Pariser Geographischen Gesellschaft und dem von ihm zu St.-Louis am Senegal seit 1860 herausgegebenen »Annuaire du Sénégal«: das »Chapître de géographie sur le Nord-Ouest de l'Afrique« (St.-Louis 1864); »Collection complète des inscriptions numidiques« (Lille 1870); »Sur les tombeaux mégalithiques et sur les blonds de la Libye« (im Bulletin der Pariser Anthropologischen Gesellschaft, Bd. 4, 1870); »Instructions sur l'anthropologie de l'Algérie« (mit Topinard, Par. 1874); »Les dolmens d'Afrique« (1873); »Épigraphie phénicienne« (1873); »Grammaire et vocabulaire de la langue Poul« (1875. 2. Aufl. 1882); »Le Zénaga des tribus sénégalaises« (1877); »Le Soudan français« (1884); »Langues sénégalaises« (1887); »Le Sénégal. La France dans l'Afrique occidentale« (1889). Über seine Kriegführung suchte er sich zu rechtfertigen in der Schrift »Campagne de l'armée du Nord« (Par. 1871; deutsch, Kassel 1872). Vgl. Brunel, Le général F. (2. Aufl., Par. 1897); Deschaumes, L 'armée du Nord. Campagne du général F. (das. 1894); Froelicher, Trois colonisateurs: Bugeaud, F., Gallieni (das. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 281.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika