[414] Gebiß, die Gesamtheit der Zähne eines Wirbeltiers in ihrer natürlichen Anordnung und ebenso mancher wirbelloser Tiere, z. B. der Reibleiste (radula) der Schnecken (s.d.). Das G. ist von großer Wichtigkeit für die Systematik besonders der Säugetiere und auch insofern, als bei vielen fossilen Wirbeltieren nur die sehr widerstandsfähigen Zähne erhalten bleiben und die Bestimmung der Zahntiere ermöglichen. Man unterscheidet das bleibende G. vom Milchgebiß. Die meisten Säugetiere nämlich (ausgenommen die Kloakentiere, Zahnlücker und Walfische) ersetzen das erste G. später durch ein vielfach verändertes; aus jenem lassen sich vielfach Schlüsse auf die Abstammung ziehen. Das vollständigste G. der Säugetiere[414] besteht aus 44 Zähnen (nur einige Beuteltiere haben noch mehr), d. h. oben und unten rechts und links je 11 (3 Schneidezähne, 1 Eckzahn und 7 Backenzähne). Die Schneidezähne (dentes incisivi) stehen oben im Zwischenkiefer (s. Kiefer) und entwickeln sich beim Elefant, Walroß etc. zu großen Stoßzähnen. Die ersten 3 der auf den Eckzahn (dens caninus) folgenden Backenzähne heißen falsche (dentes praemolares), weil sie schon im Milchgebiß vorhanden sind, zum Unterschied von den erst später auftretenden 4 echten Backenzähnen (dentes molares). Von den Prämolaren werden 1 oder 2 wohl zu besonders großen, zackigen Fang- oder Fleischzähnen (dentes lacerantes) und dienen zum Zerreißen der Nahrung. Den Bestand des Gebisses an Zähnen drückt man als Zahnformeln in Gestalt von Brüchen aus, in denen i die Schneide-, c die Eck-, p die falschen und in die echten Backenzähne bezeichnen und der Zähler sich auf den Ober- und Zwischen-, der Nenner auf den Unterkiefer bezieht. So ist beim Menschen und den ihm nahestehenden Affen die Formel i2/2c1/1p2/2m3/3 oder kürzer 2.1.2.3/2.1.2.3, bei den Wiederkäuern i0/3c0/1m6/6, beim Känguruh i3/1c0/0p1/1m4/4, bei der Beutelratte, i5/4c1/1p3/3m4/4. Die Zurückführung des Gebisses der Säugetiere auf niedere Wirbeltiere (Reptilien) ist unsicher; hier handelt es sich darum, ob die Zähne mit mehreren Höckern und Wurzeln durch Verschmelzung einzelner Zähne entstanden sind, oder ob die Höcker nur Auswüchse, Sprossen eines einzigen kegelförmigen Zahnes darstellen; für beide Ansichten sprechen bestimmte Tatsachen. Vgl. Säugetiere und Zähne.
Brockhaus-1911: Gebiß [3] · Gebiß [2] · Gebiß
Meyers-1905: Kantiges Gebiß · Gebiß, künstliches · Gebiß [2]