[846] Gilde, im Mittelalter freie genossenschaftliche Vereinigung (Einung) gleichberechtigter Mitglieder zur Förderung ihrer gemeinsamen Interessen. Ihr Ursprung wird auf altheidnische, mit Opfern (gield, gildi) verbundene Trinkgelage zurückgeleitet. In England und Norwegen ist die G. seit dem 11., in Deutschland und Dänemark seit dem 12. Jahrh. nachweisbar. Die ältesten waren religiöse Gilden (Bruderschaften) mit einem Schutzpatron für kirchliche und wohltätige Zwecke. Die weltlichen Gilden waren teils Schutzgilden, Verbindungen zu gemeinsamem Schutz der Genossen gegen dritte (Erzielung von Rechtsschutz, Eideshilfe vor Gericht), überhaupt zur Unterstützung im Falle der Not (bei Feuersbrunst, daher die Bezeichnung »Brandgilden«, auch die Bezeichnung »Schützengilde« ist wohl dieses Ursprungs), teils politische zur Wahrung von Klasseninteressen, wie die Altbürgergemeinde als privilegierte Genossenschaft ut manchen Städten Deutschlands, teils Gewerbsgilden, wie die Handels- oder Kaufmannsgilden (Merchant guild), die besonders in England stark verbreitet und mit vielen Privilegien ausgestattet waren, und die Handwerksgilden (Zünfte). Insofern Zugehörigkeit zu der betreffenden G. die Voraussetzung für Handels- und Gewerbebetrieb bildete, konnte auch von einem Gildezwang die Rede sein. Die in Rußland bestehenden Gilden (Kaufleute erster und zweiter G. und Kleinhändler) haben nur die Bedeutung von Steuerklassen. Vgl. Wilda, Das Gildenwesen im Mittelalter (Halle 1831); Gierke, Deutsches Genossenschaftsrecht (Berl. 186881, 3 Bde.); Nitzsch, Über die niederdeutschen Genossenschaften des 12. und 13. Jahrh. (im »Monatsbericht der Akademie der Wissenschaften zu Berlin«, 1879); Groß, Gilda Mercatoria (Götting. 1883) und The Gild Merchant (Oxford 1890, 2 Bde.); Walford, Gilds, their origine, constitution, etc. (2. Aufl., Lond. 1888); Pappenhem, Die altdänischen Schutzgilden (Bresl.[846] 1885); Hegel, Städte und Gilden der germanischen Völker im Mittelalter (Leipz. 1891, 2 Bde.); Doren, Untersuchungen zur Geschichte der Kaufmannsgilden des Mittelalters (das. 1893).
Meyers-1905: Sankt Lukas-Gilde