[190] Gower (spr. gauer), 1) John, engl. Dichter, stammte aus einer ritterlichen Familie in Kent, war ein Zeitgenosse Chaucers und starb, seit 1400 erblindet, 1408 in London. Wie aus seinen Schriften hervorgeht, genoß er eine gelehrte Erziehung. Er schrieb zunächst in französischer Sprache: »Cinquante ballades« (Ausg. und Abhandlung von Stengel, 1886) und die Moralschrift »Speculum hominis« (»Mirour de l'homme«), dann in lateinischen Distichen die Zeitsatire: »Vox clamantis« (kurz nach 1381, hrsg. 1850). Die englische Dichtung, der er seine Berühmtheit verdankt, ist die »Confessio amantis« (1493; neuere Ausgabe von Pauli, mit Lebensbeschreibung und Kommentar, Lond. 1857, 3 Bde.), ein sehr umfangreiches Werk über die Liebe, die teils in allegorischer Weise, teils durch Geschichten, besonders von antiken Liebespaaren, erläutert wird. Er war berühmt als Rhetoriker, besaß aber nicht entfernt die poetische Begabung Chaucers, der ihm (»dem moralischen Gower«) das lockere Troilus-Epos widmete; das Verhältnis der beiden Männer scheint zwischen Freundschaft und dem Bewußtsein solchen Gegensatzes geschwankt zu haben (vgl. Karl Meyer, Gowers Beziehungen zu Chaucer und Richard II., Bonn 1889). An Richard II. hatte G. einen Gönner, der ihn zur »Confessio« anregte; nachdem aber Richard gestürzt worden war, hat ihn G. rücksichtslos verurteilt (in der »Chronica tripartita«, hrsg. für den Roxboroughklub 1859). G. erhielt ein Grabmal in der St. Saviourskirche in Südlondon. Eine Gesamtausgabe seiner Werke mit Lebensbeschreibung und Kommentar veranstaltete G. C. Macaulay (Oxf. 18991902, 4 Bde.). Vgl. auch Pauli, Bilder aus Altengland (2. Aufl., Gotha 1875); ten Brink, Geschichte der englischen Literatur, Bd. 2 (Straßb. 1893).
2) Graf, s. Sutherland.