Grünkern

[466] Grünkern (fälschlich Grünkorn), das unreife Korn des Winterspelzes oder Dinkel (s. Spelz), das im reifen und gegerbten Zustand als »Kernen« in den Handel kommt. In Nordbaden, zwischen Tauber, Neckar und Odenwald, eigentlich im Baulande, wird der Dinkel, sobald die Ähren anfangen, einen hellen Schein zu bekommen und das Korn milchig, klebrig wird, geschnitten. Bei früherer Ernte erhält man die feinste Qualität, aber nur ganz kleine Körner (Kümmel), bei späterer Ernte allerdings viel mehr Gewicht, aber das Aroma nimmt ab, die Qualität wird geringer, und das Aussehen des Grünkerns ist nicht mehr grasgrün, sondern heller und scheckig. Der Zeitpunkt zur Herstellung von erstklassigem G. ist deshalb nur kurz und macht es notwendig, daß Tag und Nacht gearbeitet wird. Nach dem Abschneiden der unreifen Frucht trennt man sofort mittels eiserner Kämme oder mittels Beil oder Strohmesser die Ähren vom Stroh. Die Kolben kommen, damit sie nicht welk werden, so rasch wie möglich in Säcke und sofort auf die Darren und werden mit äußerster Vorsicht, damit die Körner nicht verbrennen, so lange gedörrt, bis die Körner krachdürr sind. Alle 2–3 Tage werden die Kolben gedroschen und in der Mühle gegerbt. Die Farbe des Grünkerns muß grasgrün sein, und je weniger er dieser Farbe entspricht, um so geringer wird er bezahlt. Die starke Nachfrage und die bei heißem Wetter oft nur auf 10–12 Tage bemessene Produktionszeit veranlassen manche Produzenten, auch G. aus Sommerdinkel zu machen, der mit dem aus Winterdinkel hergestellten G. nichts gemein hat als die Farbe. Man benutzt G. zur Bereitung aromatischer Suppen. Knorr in Heilbronn bereitete zuerst aus G. ein seines Mehl (Grünkernextrakt), das, durch nachträgliche Präparation vor dem Bitterwerden geschützt, mit Fleischbrühe eine sehr beliebte Suppe gibt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 466.
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