Mehl

[546] Mehl, das Pulver der Getreidekörner, das auf den Mühlen (s. d.) gewonnen wird und bei gleicher Abstammung verschiedene Zusammensetzung zeigt, je nachdem beim Mahlprozeß eine mehr oder weniger vollständige Trennung der stickstoff- (kleber-) reichern, äußern Schichten von dem innern, stärkemehlreichern Kern des Samens stattgefunden hat. Über den Bau des Getreidekorns s. Getreide, S. 758. Die äußersten Hüllen, vorzugsweise aus Holzfaser gebildet, enthalten keine Nahrungsstoffe und sind völlig unverdaulich. Unter ihnen folgt eine Schicht aus großen, von Stärkemehl freien Zellen, die hauptsächlich stickstoffhaltige Substanzen enthalten. Innerhalb dieser Schicht liegen der Mehlkern und der fettreiche Embryo. Der innerste Teil des Kerns ist am weichsten und liefert beim Mahlen das weißeste M., das die geringste Menge eiweißartiger Substanzen enthält. Ihm folgt eine härtere Schicht, die beim ersten Beuteln des Mehls die weiße Grütze liefert, die aber wieder vermahlen wird und mit dem ersten Produkt das Brotmehl liefert. Die äußere Schicht des Mehlkerns ist noch härter, wird als graue Grütze abgesondert und gibt, da man sie stets mit Teilen der Hüllen, die im wesentlichen die Kleie bilden, gemischt erhält, beim Backen ein schwarzes Brot. In allen Mehlsorten des Handels findet man mehr Wasser und weniger Stickstoff als im Getreide. Die Verminderung des Stickstoffgehalts wird durch Abscheidung der äußern Hüllen der Getreidesamen (Kleie) veranlaßt. Das M. ist um so »seiner«, je weniger Kleie es enthält, und da die Kleie gefärbt ist, so ist das feinste M. auch das weißeste. Zusammensetzung:

Tabelle

100 g Asche enthalten:

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Einen genauen Einblick in den Mehlbereitungsprozeß liefern folgende Angaben. Ein Weizen, der 10,5 Wasser, 1,5 Asche, 14,4 Kleber, 65,4 Stärke, 8,2 Fett und Holzfaser enthielt, lieferte 18,72 Grieß- und Auszugsmehl, 32,58 Semmelmehl, 22,22 Brotmehl, 2,98 Schwarzmehl, 18,52 Kleie, 1,29 Abfall (Koppstaub), 3,99 Verlust, und es enthielten:[546]

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Ein aus dem ganzen Korn bei Abscheidung von 13 Proz. Kleie dargestelltes Weizenmehl enthielt 10,5 Wasser, 14,4 Kleber, 65,6 Stärke, 1,0 Asche.

Gutes M. ist gelblichweiß, riecht angenehm frisch und schmeckt süßlich. Dumpfer, mulsteriger Geruch und bitterer Geschmack deuten auf Zersetzung oder Verunreinigung des Mehls und werden besonders an feucht gelagerten Mehlen beobachtet. Als zufällige Verunreinigungen des Mehls kommen vor: Kornrade, Mutterkorn, Taumellolch, Wachtelweizen, Wikken, Brandpilze, Schimmelpilze und Milben. Verfälscht wird M. (sehr selten) mit Gips, Schwerspat, Kreide, Ton, Magnesia, Infusorienerde, Alaun, Kupfervitriol. Die Untersuchung geschieht mit dem Mikroskop und durch chemische Analyse. Der Feuchtigkeitsgehalt soll 10–15 Proz. nicht überschreiten. Der Gehalt an Mineralstoffen beträgt bei Weizenmehl 0,7–1,5, höchstens 2,2 Proz., bei Roggenmehl etwa 1,4, höchstens 1,73 Proz. Der aus dem M. isolierte Kleber beträgt bei gutem Weizenmehl nie unter 25 Proz., meist aber bis zu 30 Proz. in feuchtem Zustand und soll von zäher, zusammenhängender Beschaffenheit sein. Sehr wichtig ist die wasserbindende Kraft des Mehls; je mehr Wasser ein M. zur Bildung eines steifen, an den Fingern nicht klebenden, aber noch leicht knetbaren Teigs aufnimmt, um so mehr Brot liefert es. Weizenmehl bindet bis 60 Proz., Roggenmehl bis 52 Proz. Wasser. Vgl. Aleurometer und Farinometer. Schüttet man eine kleine Menge M. auf schwarzes, mattes Papier, legt ein Stück recht glattes Papier darauf und drückt das M. mit einem flachen Holz glatt, so lassen sich mit der Lupe gelbliche Kleieteilchen und schwarze Radeschalen leicht entdecken; legt man mehrere derartig hergerichtete Proben nebeneinander, so lassen sich die feinsten Farbenunterschiede erkennen. Beim Pekarisieren wird ein Brettchen mit derartigen Proben in Wasser getaucht, wobei die Farbenunterschiede deutlicher hervortreten. Über Kleie s. d. Literatur s. Mühle.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 546-547.
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