Hegemonīe

[55] Hegemonīe (griech., »Führerschaft«, von hegemōn, »Führer«), Bezeichnung des Vorranges eines der alten hellenischen Staaten vor andern benachbarten und der damit verknüpften obersten Leitung ihrer gemeinsamen Angelegenheiten. Sie beruhte daher weniger auf einem rechtlich scharf bestimmten und förmlich anerkannten Herrscherrecht eines Staates über andre als auf dem Vertrauen der übrigen zu dem führenden und dessen auf Verdienste und Vorzüge begründeten Ansehen und wurde, je nach den Machtverhältnissen, mehr oder weniger willkürlich ausgedehnt. Im Peloponnes besaß Sparta seit der dorischen Einwanderung die H. Durch die Perserkriege jedoch erlangte die H. eine ganz Hellas umfassende Bedeutung und wurde die Ursache der Nebenbuhlerschaft Athens und Spartas. Die Athener gewannen durch ihre glorreichen Siege und die Stiftung des Seebundes 476 v. Chr. die H. zur See, über die Inseln und Städte des Ägäischen Meeres, zeitweilig auch über das Festland von Mittelgriechenland. Diese aber machten ihnen Sparta und Theben streitig, und der Peloponnesische Krieg lieferte sie in die Hände Spartas. Nachdem darauf 371 durch Epameinondas Theben auf kurze Zeit zum Besitz derselben gelangt war, wurde sie von neuem der Zankapfel, um den sich die Hellenen so lange mit Erbitterung stritten, bis die Mazedonier sich 338 derselben bemächtigten und damit der hellenischen Freiheit tatsächlich ein Ende machten. Vgl. Manso, Über den Begriff und Umfang der griechischen H. (Berl. 1804); Groen van Prinsterer, Über die griechische H. (Leiden 1820).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 55.
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