Herculāno de Carvalho e Araujo

[199] Herculāno de Carvalho e Araujo (spr. karwáljŭ i arauschū), Alexandre, einer der namhaftesten neuern Dichter und Schriftsteller Portugals, geb. 28. März 1810 in Lissabon, gest. 13. Sept. 1877, mit Almeida-Garrett der Begründer der romantischen Schule, der die Literatur zu den nationalen Quellen zurückführte. Er vollendete seit 1828 in Paris, darauf in London seine wissenschaftliche Ausbildung, machte sich mit den Hauptsprachen Europas bekannt, schloß sich dann (von 1832 an) in seinem Vaterland der liberalen Partei an und war 1837–43 als Redakteur der illustrierten Zeitschrift »Panorama« tätig. Seine erste poetische Veröffentlichung war das durch Lamennais' »Paroles d'un croyant« beeinflußte, in rhythmische Prosa gekleidete, biblisch-politische Gedicht »A voz do propheta« (Ferrol 1836 u. ö.), worin er in Visionen die Zukunft seines Vaterlandes mit düstern Farben malt. Darauf folgte eine Sammlung von Dichtungen gleichfalls religiös-poetischen Inhalts u. d. T.: »A harpa do crente« (Lissab. 1838 u. ö.). Der historische Roman »Eurico, o presbytero« (deutsch von G. Heine: »Eurich, der Priester der Goten«, Leipz. 1847) sowie die darauf folgende, noch gelungenere Erzählung »O monge de Cister«, die sich mit der portugiesischen Geschichte zu Anfang des 15. Jahrh. beschäftigt und mit jenem zusammen u. d. T.: »O monasticon« (Lissab. 1844–48, 4 Bde.; 1864, 5. Ausg., Leipz. 1867) erschien, ist für die portugiesische Literatur von ungleich größerer Bedeutung (ins Spa-. nische übertragen von Rodriguez Bermejo 1874–77 und Ossorio y Bernard 1876–77). Desgleichen der Roman »O bobo«. Zuerst Stadtbibliothekar zu Porto, wurde H. 1845 an die königliche Bibliothek zu Ajuda berufen, wo er seine wertvolle, durch kritische Schärfe sowie durch klassische Sprache und stilistische Vollendung ausgezeichnete, leider aber unvollendete »His-to ria de Portugal« (Lissab. 1845–52, 4 Bde.) verfaßte, der später als zweites historisches Hauptwerk »Da origem e estabelecimento da inquisição em Portugal« (das. 1854–59. 3 Bde.) nachfolgte. Sonstige Werke von H., außer der Gesamtausgabe seiner »Poesias« (Lissab. 1850, 5. Aufl. 1886), sind: »Lendas e narrativas«, eine Sammlung historischer Sagen aus der portugiesischen Geschichte (das. 1851, 2 Bde.; span. 1874 von Blanco Asenjo und 1883 von Nodriguez Bermejo); »Estudos sobre o casamento civil« (Rio de Janeiro 1866); »Questões publicas« (1873); »Estudos historicos« (1876). Dazu kommt eine große Zahl kerniger Streitschriften, die u. d. T.»Opusculos« gesammelt erschienen (Lissab. 1873–1901, 8 Bde.). Als Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Lissabon leitete H. die Herausgabe der »Portugaliae monumenta historica«. In den letzten Jahren lebte er zurückgezogen auf seinem Landgut Val de Lobos bei Santarem. Vgl. Döllinger, Gedächtnisrede auf Alexander H. (Nördling. 1878); de Serpa Pimentel, H. eo seu tempo (Lissab. 1881); Th. Braga, Historia do romantismo (das. 1880); Caldas Cordeiro, Alex. H. (das. 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 199.
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