[218] Hermaphroditismus (Androgynie, griech., Zwitterbildung), das Vorkommen männlicher und weiblicher Geschlechtswerkzeuge bei ein und demselben Individium; bei Pflanzen und Tieren sehr verbreitet, doch findet nur selten Selbstbefruchtung statt, sondern gewöhnlich werden die Eier eines zwitterigen Individuums (Hermaphroditen) von dem Samen des andern, und umgekehrt, befruchtet (sogen. Wechselkreuzung), oder es dient der eine Zwitter nur als Männchen, der andre nur als Weibchen, oder endlich, es entwickeln sich die beiderlei Geschlechtswerkzeuge nacheinander zur Reise, so daß der Zwitter zu einer Periode seines Lebens in Wirklichkeit nur als Männchen (Proterandrie), zu einer andern nur als Weibchen (Protogynie) tätig sein kann. Als Embryonen besitzen viele, auch höhere Tiere die Anlagen zum H., entwickeln sich aber unter Rückbildung einer derselben getrenntgeschlechtlich, so die Frösche und Kröten. Sonst sind von Wirbeltieren normalerweise nur wenige Fische zwitterig (z. B. Arten von Serranus, auch Cyprinus, nicht aber, wie vielfach geglaubt wird, der Aal). Die menschlichen sogen. Zwitter sind entweder männlichen oder weiblichen Geschlechts, nie echte Zwitter; bei den männlichen Zwittern nähert sich die Bildung der Geschlechtsteile wie die des ganzen Körpers dem weiblichen Habitus, umgekehrt bei den weiblichen Zwittern. Entscheidend ist die Natur der Keimdrüsen: ein Zwitter mit (verborgenen) Hoden ist als Mann zu betrachten, mag sonst sein Körper sich verhalten, wie er will; ein Zwitter mit einem Eierstock ist dagegen ein Weib, sieht er auch mehr wie ein Mann aus. Die meisten menschlichen sogen. Zwitter sind Männer. Übrigens sind die innern Geschlechtsorgane oft recht verkümmert, so daß die Feststellung des wahren Geschlechtscharakters schwierig und erst durch die mikroskopische Untersuchung möglich ist. Die Jurisprudenz erkennt keine Unentschiedenheit des Geschlechts an. Fälschlich werden zu den Zwitterbildungen Fälle von großen, milchabsondernden Brüsten und kleinem Penis bei Männern, oder von kleinen Brüsten und abnorm großem Kitzler bei Weibern gestellt. Oft ist damit eine Veränderung im Habitus und in den Neigungen vorhanden, indem Männer kaum einen Bart, eine weibliche Stimme, Neigung zu weiblichen Geschäften und keine Zuneigung zu Weibern haben (weibische Männer), die Weiber hingegen einen Bart bekommen, eine tiefere, männliche Stimme haben und mehr zu den Beschäftigungen der Männer hinneigen (Mannweiber, viragines). Vgl. Laurent, Die Zwitterbildungen etc. (hrsg. von Kurella, Leipz. 1896).