Heron

[229] Heron von Alexandria, einer der vielseitigsten griechischen Mathematiker im Ausgang des 2. Jahrh. v. Chr., Schüler des Ktesibios, ist Verfasser einer Anzahl geometrischer und physikalischer Schriften, die leider z. T. verstümmelt und nur in Überarbeitungen überliefert sind. Die geometrischen Schriften (hrsg. von Hultsch, »Heronis Alexandrini geometricorum et stereometricorum reliquiae«, Berl. 1864) bildeten wahrscheinlich ursprünglich ein großes geodätisches Werk, dessen einzelne Teile später jahrhundertelang als Lehrbücher benutzt und mannigfach umgestaltet worden sind. Die geodätische Abhandlung über die Dioptra, eine Art Theodolith (hrsg. mit französischer Übersetzung von Vincent, »Notices et extraits des manuscrits de la bibliothèque impériale«, Bd. 19, Par. 1858), enthält die Formel für die Dreiecksfläche, ausgedrückt durch die drei Seiten. Von seinem Werk über die Mechanik sind nur größere Bruchstücke übrig (hrsg. von Hultsch, Berl. 1877). Die angewandte Mechanik vertritt in achtunggebietender Weise Herons Abhandlung über den Geschützbau (bei Thevenot, »Veterum mathematicorum opera«, Par. 1693; deutsch in den »Griechischen Kriegsschriftstellern« von Köchly und Rüstow, 1. Teil, Leipz. 1853). Nur in lateinischer Übersetzung ist seine »Katoptrik« erhalten (bei Rose, »Anecdota graeca«, Bd. 2, Berl. 1870). Die Physik verdankt H. mehrere Erfindungen. wie die Äolipile, einen Heliostaten, einen Apparat zur Erzeugung von Geistererscheinungen durch Spiegel. den Heronsbrunnen u. a.; der sogen. Heronsball ist aber nicht seine Erfindung. Eine Ausgabe seiner Werke mit deutscher Übersetzung lieferte W. Schmidt (Bd. 2 mit Nix; Leipz. 1899–1901, 2 Bde., dazu Supplement 1899). – Ganz auf H. beruht die geodätische Schrift eines früher willkürlich H. der jüngere genannten byzantinischen Anonymus (hrsg. mit französischer Übersetzung von Vincent: »Notices et extraits des manuscrits de la bibliothèque impériale«, Bd. 19, Par. 1858), dessen Messungen sich auf die Rennbahn in Konstantinopel beziehen, und der nach einigen Beobachtungen von Sterndistanzen um 938 geschrieben hat. Vgl. Martin, Recherches sur la vie et les ouvrages d'Héron d'Alexandrie (in den »Mémoires« der Akademie der Inschriften, Bd. 4, 1854); Cantor, Die römischen Agrimensoren und ihre Stellung in der Geschichte der Feldmeßkunst (Leipz. 1875) und Vorlesungen über Geschichte der Mathematik, Bd. 1, Kap. 18 u. 19 (2. Aufl., das. 1894); W. Schmidt, H. von Alexandria (das. 1899); Knauff, Die Physik des H. von Alexandria (Berl. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 229.
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