Hestĭa

[281] Hestĭa, bei den Griechen die jungfräuliche Göttin des Herdes als des Symbols der Seßhaftigkeit, Begründerin und Erhalterin von Familie und Staat, Tochter des Kronos und der Rhea, eine der olympischen Gottheiten.

Vesta Giustiniani. (Rom).
Vesta Giustiniani. (Rom).

Als Hüterin der Herde in Häusern und Tempeln brachte man ihr zu Anfang und Schluß aller Opfer Spenden dar; auch rief man sie bei allen Gebeten und Eiden an. Wie der Herd Mittelpunkt des Hauses war, an dem alle Familienfeiern stattfanden und Fremde u. Schutzflehende Aufnahme fanden, so hatte auch der Staat in dem ihr geweihten Regierungsgebäude, dem Prytaneion, als Mittelpunkt einen Herd mit ewigem Feuer, auf dem ihr die höchsten Behörden opferten, und von dem ausziehende Kolonisten das Feuer für den neuen Gemeindeherd mitnahmen. Gleichsam der religiöse Mittelpunkt von ganz Griechenland war ihr Herdfeuer im delphischen Tempel neben dem Omphalos (s. d.). Die der H. entsprechende Göttin der Römer ist Vesta (s. d.). Dargestellt wurde sie sitzend oder ruhig dastehend mit ernstem Gesichtsausdruck und stets völlig bekleidet. Ihre berühmteste Statue war die von Skopas. In erhaltenen Statuen ist H. nicht sicher nachzuweisen; zweifelhaft bezieht man auf sie die sogen. Giustinianische Vesta im Museo Torlonia zu Rom (s. Abbildung). Vgl. P re im er, Hestia-Vesta (Tübing. 1864) und in Roschers »Lexikon der griechischen Mythologie«, Bd. 1, Sp. 2605 ff.[281]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 281-282.
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