[356] Hinterrhein, einer der beiden Quellflüsse des Rheins, 56 km lang, entspringt in der Adulagruppe, im Zapportgletscher, und arbeitet sich dann durch die »Hölle«, einen schauerlichen Felsschlund, an der von Gletscherarmen umrahmten Schafweide Paradies vorbei. Von den Moschelgletschern stürzen zwölf weitere Quellbäche des Hinterrheins herab. So verstärkt, fließt derselbe dem ersten Dorf entgegen: Hinterrhein (148 Einw.), wo die Straße über den Bernhardin an der Talseite sich emporwindet. Diese oberste Talstufe, die noch die Orte Medels, Nufenen, Splügen und Sufers umfaßt, ist ein von Gebirgen, von Eis- und Schneefeldern umrahmter, von Lawinen bedrohter, noch waldreicher Talkessel (Val Rin. deutsch korrumpiert Rheinwald) mit 890 deutschen und protestantischen Bewohnern. Er liegt bei Hinterrhein 1616, bei Splügen 1450 m ü. M. Mit einem Wasserfall stürzt sich der Strom in den Felsschl und der Rofna (Roffla), in dem, von der rechten Seite herbrausend, der Averser Rhein sich mit dem Hauptwasser vereinigt (1089 m). Wo die Schlucht sich wieder zum Tal erweitert, öffnet sich die zweite Stufe, das Schams, mit 14 Gemeinden, deren Bewohner, ein rätoromanisches, protestantisches Völkchen, 1517 Köpfe stark sind. Das Tal verengert sich dann wieder zur berühmten Schlucht der Via Mala (s. d.). Bei Thusis (720 m) erweitert sich die Schlucht zum offenen, fruchtbaren, mit Dörfern und Burgen übersäten Tomleschg (weniger richtig Domleschg, rätoromanisch Tomiliasca, d. h. das Tal des einstigen Reichshofs Tomils), dem Bezirk Heinzenberg (s. d.). Unmittelbar unterhalb der Via Ma la münden li u ks die Nolla (vom Piz Beverin), rechts die Albula in den Rhein. Bei dem Schloß Reichenau (586 m) vereinigt der H. seine Gewässer mit denjenigen des Vorderrheins. Das Tal des Hinterrheins bildet den Zugang zum Splügen (und Bernhardin) und hofft auf den Bau der längst geplanten Splügenbahn. Vgl. Lechner, Thusis und die Hinterrheintäler (2. Aufl., Chur 1897).