Hofsystem

[437] Hofsystem nennt man die Ansiedelung in isolierten Hofgütern, bei denen alle Grundstücke desselben Eigentümers ein um das Gehöft liegendes, räumlich geschlossenes Ganzes bilden (Hofschluß). Den Gegensatz zu demselben bildet das Dorfsystem, bei dem die Eigentümer aller Güter einer Gemarkung in zusammenhängenden Ortschaften wohnen. Das H. bietet große Vorteile für die Bewirtschaftung. Es gestattet dem Eigentümer freie Verfügung über die Ausnutzung des Bodens, erleichtert Wege- und Wasserregulierung, während bei dem Dorfsystem, zumal bei zersplittertem Grundbesitz, der Flurzwang (s. Flurregelung, S. 728) nicht zu vermeiden ist, viele Verluste durch Wegeanlagen, Begrenzung der Grundstücke etc., dann auch Zeitverluste durch Hin- und Herlauferei u. dgl. entstehen. Dies gab schon früher Veranlassung, den Übergang vom Dorfsystem zum H. (Vereinödung) zu fördern. Bei dem Abbau (s. d.) gehen die bereits vorhandenen Gebäude verloren, dann hat das H. auch schwerwiegende Schattenseiten, das Dorfsystem wichtige Vorzüge vor jenem. Bei dem H. ist es kleinen Leuten schwer oder unmöglich, Grundeigentum zu erwerben; viele Anstalten für Sicherheit, Verkehr, Bildung, Gesundheitspflege etc., die eine Gemeinsamkeit vieler erfordern, werden zu teuer oder undurchführbar. Dagegen kann vielen Nachteilen des Dorfsystems durch Zusammenlegung kleiner Parzellen je eines Eigentümers in den verschiedenen Gewannen einer Gemarkung abgeholfen werden. Bei intensiver Wirtschaft, die kleine Besitzungen ermöglicht, ist naturgemäß das Dorfsystem mit seinem die Kultur fördernden Zusammenwohnen (Bauern, auch Gewerbtreibende, Lehrer, Arzt etc.) am Platz. Extensivere Wirtschaft bedingt kleinere Dörfer; mit ihr treten, zumal im Gebirge, mehr die Vorteile des Hofsystems in den Vordergrund. Das H. findet sich in Deutschland besonders in Westfalen, im übrigen kommen in vielen Gegenden geschlossene Höfe neben Dörfern vor (südlicher Schwarzwald, Alpen, Rhön etc.), dann findet es sich in Teilen des südlichen Frankreich, in der Bretagne, Irland, Norwegen, im nördlichen Schweden, ferner in Nordamerika und Kanada, wo nur die gewerbliche und Handel treibende Bevölkerung in geschlossenen Orten wohnt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 437.
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