[428] Kahlköpfigkeit (Calvities, lat.; griech.: Alopecia, wörtlich: Krankheit, bei der das Haar ausgeht wie beim Fuchs, oder Atrichia, wörtlich: Haarlosigkeit). Als Oligotrichia bezeichnet man einen verminderten Haarwuchs. Ganz selten ist Alopecia und Oligotrichia angeboren und dann mit Fehlen der Zähne verbunden. Die erworbene K., Alopecia acquisita, ist am häufigsten eine Alterserscheinung und beginnt als solche meist vom Scheitel, seltener von der vordern Haargrenze aus (Alopecia senilis). Bei dieser Form der K. spielt erbliche Anlage eine gewisse Rolle. Eine K., unabhängig vom Alter (Alopecia praematura), beruht entweder auf allgemeinen Ernährungsstörungen infolge schwerer Krankheiten, oder auf örtlichen Erkrankungen der behaarten Kopfhaut. Unter den Krankheiten sind besonders Typhus, Syphilis (A. syphilitica), Wochenbettfieber, Scharlach, Lungenentzündung hervorzuheben. Als örtliche Ursachen sind zu nennen Kopfgrind, schwere Fälle von Kopfrose, Blattern, langdauernde Ausschläge der Kopfhaut (Glatzflechte, Herpes tonsurans), Flechtengrind, überreichliche Talgbildung. Bei der Alopecia syphilitica, die nur die sekundäre Form der Syphilis begleitet, ist der Haarausfall über den ganzen Kopf verbreitet. Zuweilen entstehen aber auch auf der Kopfhaut syphilitische Ausschläge, und dann ist der Haarausfall nur[428] auf die erkrankte Stelle beschränkt. Bei der Alopecia areata (herdförmige K.) tritt der Haarausfall nur an scharf umschriebenen, kreisförmigen, sich vergrößernden Stellen auf, die mit benachbarten Stellen sich zu größern haarlosen Flächen vereinigen können. Diese Form beruht wahrscheinlich auf nervös bedingten Ernährungsstörungen der Haarwurzeln. Unter Kopfgrind versteht man den Flechtengrind oder die Hautflechte (s. Ekzem), den Favus (Wabenkopfgrind), auch die Kleienflechte (s. d.). Die K. ist heil bar, wenn sie auf zeitweisem Haarausfall beruht, wie bei Typhuskranken und Wöchnerinnen, nach Kopfrose, bei leichtern Formen der Flechtenkrankheit (Herpes tonsurans) und des Kopfgrindes, kurz, sofern die Haarwurzel selbst noch erhalten ist; sobald diese zerstört oder abgestorben ist, wie im höhern Alter, so ist keins der vielen Reklamemittel imstande, einen einzigen Sproß hervorzubringen. Sorgfältige Pflege des Haares und der Haut beugen den örtlichen Ursachen in meist völlig ausreichender Art vor; eine kräftige allgemeine Ernährung nach schweren Krankheiten stellt auch ohne besondere Mittel den Haarwuchs langsam wieder her. Abseifen des Kopfes mehrmals in der Woche, des Abends vor dem Schlafengehen mit sorgfältigem Abtrocknen hinterher, ist sehr zu empfehlen. Die Krankheiten des Haarwuchses muß ein Arzt behandeln. Bei der Alopecia areata hat man gute Heilerfolge erzielt durch Bestrahlung mit starkem elektrischen Bogenlicht, das zwischen Eisenelektroden erzeugt wird und arm an Wärmestrahlen, reich an chemisch wirksamen blauen Strahlen ist. Vgl. Haarkrankheiten.