[581] Kanzel (v. lat. cancelli, »die Schranken«), der erhöhte Standort des Predigers in christlichen Kirchen, so genannt von den Schranken der altchristlichen Kirche, die das Chor von dem Schiff trennten (s. Ambo). Als später daraus ein Lektorium (Lettner) geworden war und die Predigt eine höhere Bedeutung erhalten hatte, sonderte man den Predigerambon von dem Lettner ab und erhöhte ihn, damit der Prediger von der Gemeinde besser gesehen werden konnte, behielt aber den Namen Kanzelle für ihn bei, der allmählich in K. überging. Die Kanzeln, die vom 11. Jahrh. ab zuerst aus Stein, dann auch aus Holz hergerichtet wurden, standen anfangs auf massivem Unterbau und waren meist viereckig. Erst in der deutschen Kunst wurde die Brüstung der K. vieleckig angeordnet, diese auf eine Säule gestellt und mit einer Kanzelhaube oder einem Schalldeckel versehen. Von Kanzeln, die durch bildnerischen Schmuck bedeutender Künstler ausgezeichnet sind, sind die im Dom zu Siena und im Baptisterium zu Pisa von Niccolò Pisano (s. Tafel »Bildhauerkunst VII«, Fig. 3), in Ravello in Unteritalien, in San Andrea in Pistoja und im Dom zu Pisa von Giovanni Pisano, in San Lorenzo zu Florenz von Donatello, in Santa Croce zu Florenz von Benedetto da Majano, im Dom zu Freiberg i. S. von einem unbekannten Künstler und im Stephansdom zu Wien von Meister Pilgram (1512) hervorzuheben. In der Jägerei heißt K. der auf einem Baum angelegte und durch Zweige verblendete Sitz, aus dem der Jäger auf Brunstplätzen oder an Körnungen (Futterplätzen) Wild zu erlegen sucht, was deshalb leichter gelingt, weil das Wild bei dieser Vorrichtung keinen Wind (Witterung) bekommen kann. Auch bei Treibjagden stehen die Jäger bisweilen auf Kanzeln.