[876] Khlesl (auch Klesel), Melchior, österreich. Staatsmann, geb. 1552 in Wien als Sohn eines protestantischen Bäckers, gest. daselbst 18. Sept. 1630, trat, von den Jesuiten bekehrt, im 16. Jahre zur katholischen Kirche über, vollendete seine Studien am Wiener Jesuitenkolleg und in Ingolstadt, ward 1579 Dompropst in Wien, Kanzler der Universität und 1580 Offizial des Bischofs von Passau im Land unter der Enns, 1588 Verwalter des Bistums Neustadt und 1598 zugleich Bischof von Wien. Mit größtem Eifer und erfolgreicher Energie bekämpfte er die Protestanten und stellte die verfallene und erschlaffte katholische Kirche in Österreich wieder her. 1599 trat er in die Dienste des Erzherzogs Matthias, als dessen Kanzler er die wichtigsten Geschäfte fast in souveräner Selbständigkeit leitete. Als Haupt der katholischen Ständepartei brachte er 1606 das Bündnis der Erzherzoge gegen Kaiser Rudolf zustande. Nachdem dieser gestorben und Matthias Kaiser geworden war, stieg die Macht des Kanzlers, der 1615 Kardinal wurde. Als es sich aber 1618 darum handelte, ob man den Böhmen nachgeben oder es auf einen großen Krieg ankommen lassen wolle, und K. zur Nachgiebigkeit riet, entledigten sich die Erzherzoge Ferdinand und Maximilian seiner, indem sie ihn 20. Juni 1618 in der Burg gefangen nehmen und nach dem Schloß Ambras in Tirol abführen ließen, wo er mehrere Jahre blieb, bis die päpstliche Kurie ihn 1622 als Kardinal der römischen Kirche vor ihre Gerichtsbarkeit forderte. In Rom wurde er aber entlassen und kehrte 1627 in die Heimat zurück, nachdem ihn Ferdinand II. 1623 schuldlos erklärt hatte. Vgl. Hammer-Purgstall, Khlesls Leben (Wien 184751, 4 Bde.); Kerschbaumer, Kardinal Klesel (Wien 1865); »Klesls Briefe an K. Rudolfs II. Obersthofmeister Adam Frh. von Dietrichstein 15831589« (hrsg. von Bibl, Wien 1900).