Koloman [2]

[283] Koloman (Kolomanus, Kálmán, der »Bücherkundige, Bücherfreund«, »Könyves« Kálmán), König von Ungarn 1095–1116, Sohn Gézas I., war, wenn auch körperlich mißgestaltet, ein Mann von Geist und Energie. Er unterwarf 1097 das aufständische Kroatien und 1105–11 den größten Teil von Dalmatien und schloß gegen Venedigs Seeherrschaft ein Bündnis mit dem Normannenfürsten Roger, dessen Tochter Busilla er ehelichte. 1096 wies er die zuchtlosen Kreuzfahrer unter Emiko von Leiningen von Wieselburgs Mauern zurück und kämpfte wenig glücklich gegen Galizien, erfolgreicher gegen den deutschen Kaiser Heinrich V., der Kolomans Bruder Álmos auf den Thron erheben wollte. Nach einem abermaligen Aufstandsversuch wurden Álmos und dessen unschuldiger Sohn Béla geblendet. Von Bedeutung ist Kolomans gesetzgeberische Tätigkeit: er ordnete die Rechtspflege, erhöhte die königlichen Einkünfte, regelte die Steuer- und Finanzordnung sowie die Heeresfolge und das Erbrecht des Adels. Die Kirche begünstigte er sehr, entsagte der Investitur und führte den Zölibat ein, erließ Kirchengebote, beschränkte Juden und Ismaeliten im bürgerlichen Verkehr. Daß K. bereits die Existenz von Hexen im allgemeinen geleugnet habe, ist eine Fabel; man übersetzte mißverständlich sein Gebot »de strigis, quae non sunt, nulla quaestio fiat« mit »Gegen Hexen, die es nicht gibt, soll keine Untersuchung stattfinden«, während striga hier lediglich Alp, Alpdruck bedeutet (vgl. Hertslet-Helmolt, Treppenwitz der Weltgeschichte, 6. Aufl., Berl. 1904, S. 277). Nur eine gesetzliche Ordnung der Thronfolge erreichte er nicht. Nachdem er seine zweite Frau, die Russin Eufemia, wegen Ehebruchs verstoßen und deren Sohn Borics (s. d.) enterbt hatte, folgte ihm 1116 sein Sohn Stephan II.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 283.
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