Krag

[556] Krag, 1) Thomas Peter, norweg. Schriftsteller, geb. 1868 in Kragerö und erzogen in Christiansand, veröffentlichte schon als Schulknabe eine Indianergeschichte und als Student die schwermütige Volksschilderung »John Graeff« (1891), worin er eigentümlich stimmungsvoll den Einfluß der düstern, mystischen Küstennatur Norwegens auf ihre Bewohner schildert. Die Novellen: »Aus der alten Stadt« (1892), »Einsame Menschen« (1893) und »Dunkel« (1893) enthalten Bilder aus seiner Vaterstadt Christiania und Schilderungen, die voll zarter Poesie und Eigenart der Auffassung sind. Es folgten die Romane: »Die eherne Schlange« (1895; deutsch, Münch. 1898), »Ada Wilde« (1896; deutsch, Dresd. 1900), »Ulf Ran« (1897), »Beates Haus« (1898), »Die Witwe« (1899) und »Die lustige Ecke« (1903), eine Provinzvariation auf das berühmte »dreieckige Verhältnis«. Auch die Bühnentechnik hat K. in »Gatten und Strohwitwer« (1903) recht gut zu beherrschen gewußt. Mit Vorliebe entnimmt er seine Motive aus dem Gesellschaftsleben der Provinz oder der untern Volksschichten. Man spürt, daß er in der primitiven Natur die Grundtöne der Mystik seines eignen Wesens sucht. Die Melodie, die er findet, ist Klage über die Einsamkeit des Menschen und über die Gefühllosigkeit der Natur. Seine stolze Resignation leitet zu einem sanften, tiefen Humor über, der wieder durch liebenswürdige, seine Sentimentalität in Schwermut ausklingt. Vgl. Christensen, Unge Nordmænd (Christiania 1893).

2) Wilhelm, norweg. Dichter, Bruder des vorigen, geb. 24. Dez. 1871 in Christiansand, erregte schon als Student Aufsehen mit einer Sammlung »Gedichte« (1891), die einen ganz neuen Ton in die norwegische [556] Lyrik hineinbrachte. Vertieft erklang er wieder in den von Luft und Farbe durchbebten Prosadichtungen »Nacht« (1892), den lyrischen »Liedern vom Süden« (1894), den »Neuen Gedichten« und den »Westlandsliedern« (1897). Dazwischen veröffentlichte er die Bühnenstücke: »Im Blaafjäld« (»Vester i Blaafiäldet«, 1893), »Die guten Alten« (1895), »Der letzte Tag« (1896); »Das Leben ein Spiel« (1901), die Romane: »Heimweh« (1895), »Der lustige Leutnant« (1897; deutsch, Berl. 1897), »Rachel Strömme« (1898), »Aus den niedrigen Hütten« (1898), »Weihnachten«, »Marianne« (1899) und die unterhaltenden kulturhistorischen Romane: »Isaak Seehufen« (1900) und »Isaak Kapergut« (1902). Wilhelm K. ist in Norwegen, was Maeterlinck in Belgien: der erste Neuromantiker. In allen seinen Arbeiten, Dramen wie Romanen, ist er durchweg Lyriker. Seine Sprache ist bestrickend durch Rhythmus und Wohlklang, Farbenreichtum und sein abgetönte Bilder. Seine Grundstimmung ist die Melancholie einer in Genüssen und Leiden sein differenzierten Generation. Vgl. Christensen, Unge Nordmænd (Christiania 1893).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 556-557.
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