Lartiguebahn

[203] Lartiguebahn (spr. lartīgh'-, Lartigues einschienige Eisenbahn), ein Eisenbahnsystem (s. d., S. 538 [Reitwagenbahnen]), bei dem die Fahrzeuge oder deren Gestelle die Bahn rittlings umfassen und der Schwerpunkt der Fahrzeuge in der Regel tiefer liegt als die Schiene.

Fig. 1. Wagen der einschienigen Lartiguebahn.
Fig. 1. Wagen der einschienigen Lartiguebahn.

Gegen Seitenschwankungen werden, wo nötig, wie z. B. für Personenbeförderung, unten an den Fahrzeugen wagerechte (oder schräge) Leitrollen angebracht, die sich gegen entsprechende[203]

Leitschienen lehnen. In diesem Fall ist die Bahn dreischienig, eine Schiene trägt, zwei andre führen die Fahrzeuge (s. Abbild., S. 203). Dasselbe System ist bereits 1876 auf der Weltausstellung in Philadelphia von Roy-Stone gezeigt worden (vgl. »Handbuch der Eisenbahntechnik«, Bd. 5, Leipz. 1878).[204]

Fig. 2. Pfeiler der Lartiguebahn.
Fig. 2. Pfeiler der Lartiguebahn.

[203] Die Schienen können unmittelbar durch hölzerne oder eiserne Böcke von verschiedener Höhe oder bei größern Stützweiten durch leichte eiserne Träger und diese durch hölzerne oder eiserne Pfeiler unterstützt werden, so daß die Bahn Wasserläufe, Schluchten, Wege u. dgl. unschwer überschreiten kann. Die Bewegung der Fahrzeuge kann durch tierische Kräfte oder durch ein Drahtseil mit Maschinenbetrieb, aber auch durch eine den Fahrzeugen entsprechend gebaute Lokomotive erfolgen. Als Triebkraft können dabei Dampf und andre Mittel, namentlich auch Elektrizität, zur Anwendung kommen. Wenn die Bahn lediglich zur Güterbeförderung (z. B. von Feldfrüchten u. dgl.) dient, so können die Leitschienen wegfallen. Die Fahrzeuge bestehen dann aus einfachen Radgestellen mit seitwärts herabhängenden kleinen Fördergefäßen, die durch Drehung um eine wagerechte Achse leicht zu entleeren sind. Ausgeführt sind solche Bahnen für leichte Lasten in Algerien und Tunis, dann auch in Irland (Listowel-Ballybunion), hier mit Lokomotivbetrieb auch für Personenbeförderung. Vgl. das »Zentralblatt der Bauverwaltung«, 1889, S. 215. Auch für städtische Hochbahnen ist das System in Vorschlag gebracht und neuerdings sogar für Schnellbahnen (Liverpool-Manchester) von englischer Seite angepriesen worden, jedoch in einer praktisch nicht ausführbaren Weise (eine Tragschiene, 4 Leitschienen und 2 Kontaktschienen, deren nötige, sehr genaue Richtungshaltung zumal in Kurven unmöglich sein würde; dazu ein Wagen mit 28 Rädern in verschiedenen Stellungen und 1000 kg Leergewicht für jeden Sitzplatz). Vgl. »Zeitschrift Deutscher Ingenieure«, 1902, Nr 14 und 15.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 203-205.
Lizenz:
Faksimiles:
203 | 204 | 205
Kategorien: