[639] Merkur, der der Sonne am nächsten stehende Planet, der verhältnismäßig selten mit unbewaffnetem Auge wahrgenommen wird, da er kurz vor der Sonne auf- und kurz nach ihr untergeht und deshalb stets in der Nähe des Horizonts gesucht werden muß, wo in unsern Breiten die dort lagernden Nebel häufig sein sonst glänzendes Licht trüben; in südlichern Ländern, wo der Horizont meist heiterer ist, ist er leichter aufzufinden, und bei den alten Griechen führte er den Beinamen des »stark Funkelnden«. Nach Müller erreicht er im Maximum die Helligkeit des Sirius und gleicht im Minimum an Glanz dem Aldebaran; mit einem guten Fernrohr kann er selbst um Mittag in geringer Entfernung von der Sonne leicht aufgefunden werden; seine größte scheinbare Entfernung von der Sonne beträgt 23°. Seine Bahn ist sehr elliptisch, die Exzentrizität derselben beträgt 0,20561 und ihre Neigung gegen die Ekliptik 7°0' 10,4''. Seine mittlere Entfernung von der Sonne beträgt 0,68710 Erdbahnhalbmesser oder 57,5 Mill. km; im Perihel ist er 45,7, im Aphel 69,4 Mill. km von der Sonne entfernt. Seine siderische Umlaufszeit ist 87,96926 Tage, und dabei legt er in der Sekunde durchschnittlich 47,56 km zurück. Zu Erde und Sonne nimmt er erst nach einem synodischen Umlauf von 115,9 Tagen wieder dieselbe Stellung ein. Während dieser Zeit zeigt der M. einen regelmäßigen Phasenwechsel wie Venus; hierüber sowie über seine scheinbare Bewegung vgl. Planeten. Infolge der Lage der Merkurbahn innerhalb der Erdbahn ist die Entfernung des Planeten von der Erde sehr wechselnd; zur Zeit der untern Konjunktion beträgt dieselbe 79 Mill. km, zur Zeit der obern Konjunktion 218 Mill. km, daher schwankt auch sein scheinbarer Durchmesser zwischen 4,5 und 12,5''. Sein wahrer Durchmesser beträgt 0,35 Erddurchmesser oder 4400 km; das Volumen 0,040 von dem der Erde. Die Masse des M. beträgt nach See 1/15000000 der Sonnenmasse. Danach ist die mittlere Dichte des M. 0,56 der mittlern Erddichte oder 3,1 von derjenigen des Wassers, und die Schwere an der Oberfläche des M. ist nur = 0,19 von der der Erde. Über die physische Beschaffenheit des M. und über seine Rotation war bis in die neueste Zeit unsre Kenntnis nur sehr gering. Im Anfang des 19. Jahrh. nahm Schröter zur Zeit, wenn sich der M. in Form einer Sichel zeigte, regelmäßig eine Abstumpfung des südlichen Horns wahr, die er der Beschattung durch Berge auf dem M. zuschrieb, und schloß aus der regelmäßigen Wiederkehr dieser Abstumpfung auf eine Rotationszeit des Planeten von 24 Stunden 5 Minuten; auch das Vorhandensein einer Atmosphäre vermutete Schröter aus dem Erscheinen und Verschwinden dunkler Flecke und Streifen, die sich oft schnell verändern und auch von spätern Beobachtern wahrgenommen wurden. Erst die Beobachtungen Schiaparellis, der 188289 den M. während aller Phasen seines synodischen Umlaufs beobachtete, haben eine genauere Kenntnis der Rotation des M. ergeben; aus denselben folgt, daß der M. in derselben Weise um die Sonne läuft wie unser Mond um die Erde und der äußerste Saturnmond (Japetus) um den Saturn, daß er ihr also beständig wesentlich dieselbe Seite zukehrt, und daß die Dauer einer Rotation um die Achse mit der Dauer eines siderischen Umlaufs um die Sonne, d. h. 87,96926 Tagen, zusammenfällt. Doch ist es möglich, daß beide Perioden etwa um den tausendsten Teil verschieden sind, wiewohl Schiaparelli eine genaue Übereinstimmung für wahrscheinlich hält.
Die Lage der Drehungsachse hat sich zwar nicht ganz sicher feststellen lassen, den Beobachtungen wird aber genügt durch die Annahme, daß dieselbe rechtwinklig zur Bahnebene steht; sicher erreicht der Winkel zwischen letzterer und dem Äquator des M. nicht, wie Schröter vermutet hatte, 23 oder 25° wie bei Erde oder Mars. Die Beobachtungen deuten auf eine ganz gleichförmige Rotation; da aber die Bewegung des M. um die Sonne infolge der bedeutenden Exzentrizität der Bahn sehr ungleichförmig ist, so ergibt sich eine starke Libration (scheinbare Schwankung) des M., d. h. der[639] Punkt seiner Oberfläche, der von der Sonne aus gesehen in der Mitte der Planetenscheibe erscheint, rückt während eines siderischen Umlaufs um 471/2° nach der einen und wieder nach der entgegengesetzten Richtung. In der Abbildung (S. 639) sind A und B die beiden äußersten Punkte, die in der Mitte der Scheibe erscheinen können; die Bewegung des Mittelpunktes von A bis B dauert 51,19 Tage, die von B nach A nur 36,78 Tage. Infolgedessen können wir ungefähr 0,63 der ganzen Oberfläche nach und nach sehen. Doch sind die nur zeitweilig sichtbaren Randregionen zu schwach beleuchtet, als daß man auf ihnen mit Deutlichkeit Flecke wahrnehmen könnte. Deshalb sind sie auch von Schiaparelli beim Entwurf seiner Karte der Merkuroberfläche, nach der die umstehende Abbildung hergestellt ist, nicht berücksichtigt worden. Die dunkeln Flecke, die man dort angegeben findet, sind nur mit großer Mühe und bei größter Aufmerksamkeit zu erkennen. Sie erscheinen in Gestalt ganz leichter Schattenstreifen, zeigen sich unter günstigen Umständen bräunlichrot und heben sich nur wenig von der allgemeinen Farbe des Planeten ab, die gewöhnlich rosenfarben, ins Kupferrote gehend, ist.
Die sogen. Durchgänge des M. durch die Sonnenscheibe, d. h. seine Vorübergänge vor der Sonne, bei denen er wegen seiner Kleinheit bloß im Fernrohr als schwarzer Fleck erscheint, treten zuweilen zur Zeit seiner untern Konjunktion auf, und zwar, da die Bahn des M. 7° gegen die Ekliptik geneigt ist, nur dann, wenn der M. bei seiner untern Konjunktion nicht weiter als 3°28' von einem seiner Knoten entfernt steht. Bei der jetzigen Lage der Knoten können diese Durchgänge nur im Mai und November erfolgen; sie kehren in Perioden von 46 Jahren wieder, und zwar innerhalb dieser Periode vier im November und zwei im Mai. Ihre Dauer beträgt fünf Stunden, wenn der M. durch die Mitte der Sonnenscheibe geht. Die nächsten Durchgänge finden 14. Nov. 1907 und 6. Nov. 1914 statt.
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