[477] Neandertaler, ein 1856 in der im Devonkalk des Neandertals bei Düsseldorf befindlichen sogen. kleinen Feldhofer Grotte in eine 2 m dicke diluviale Lehmschicht eingebettetes Skelett, von dem das Schädeldach, zwei Oberschenkel, zwei Oberarme, drei Ellen, eine Speiche, ein Schlüsselbein, Teile vom Becken u. Schulterblatt, Bruchstücke von Rippen erhalten sind. Das hohe geologische Alter des Fundes steht über allen Zweifel fest.
Die Schädelkalotte (bestehend aus dem Stirnbeine, den beiden Scheitelbeinen und dem obern Teile des Hinterhauptbeines nebst kleinern Teilen der Unterschuppe desselben) galt auf Virchows Urteil hin Jahrzehnte hindurch für eine pathologische Form, doch hat Schwalbe den Nachweis erbracht, daß davon keine Rede sein kann. Vielmehr vereinigt es in sich menschliche Merkmale mit Affencharakteren und nimmt in der Mehrzahl seiner Eigenschaften zwischen den höchststehenden Affen und dem Menschen eine Mittelstellung ein, jedoch so, daß es erstern bedeutend näher steht als letztern. Da der N. eine größere Anzahl von Merkmalen aufweist, die keine der ausgestorbenen oder jetzt lebenden Rassen des Homo sapiens besitzen, er also mehr oder weniger außerhalb der Variationsbreite des Menschen steht, so erklärt Schwalbe ihn für eine besondere Art, zu der auch die Schädelreste von Spy, Krapina, Brünn, La Naulette u.a. zu rechnen wären. Eine Rekonstruktion der mutmaßlichen Büste des Neandertalers zeigt die Abbildung. Vgl. Mensch, S. 605 u. 607; Schwalbe, Der Neandertalschädel (Bonn 1901, mit Literatur).