Negatives Vertragsinteresse

[496] Negatives Vertragsinteresse, in der Rechtssprache der Schaden, den jemand dadurch erleidet, daß er in seinem Vertrauen auf die Gültigkeit einer Erklärung, eines Vertrags getäuscht worden ist. Hierher gehören alle Aufwendungen, die im Vertrauen auf die Gültigkeit der Erklärung gemacht wurden, sowie der Schaden, der dadurch entstanden, daß bestimmte Handlungen unterlassen wurden, z. B. die Reisekosten, der durch Nichtannahme eines andern Angebots entstandene Schaden etc. Hierfür hat der auszukommen, der die betreffende Erklärung abgegeben hat. Jedoch darf die Haftung nie über das positive Vertragsinteresse hinausgehen, das in dem Betrag des Interesses besteht, das der Gegner an der Gültigkeit der betreffenden Erklärung hatte. Dieses Interesse erschöpft sich meist mit der Höhe des entgangenen Gewinns. Betragen also die Unkosten mehr als der Gewinn, der zu machen gewesen, so haftet der Gegner nur in der Höhe des entgangenen Gewinns. Das negative Vertragsinteresse wird geschuldet, wenn der Vertrag nicht zustande gekommen ist: 1) weil der Gegner seine Erklärung wegen Irrtums angefochten hat oder diese, als nicht ernstlich gemeint, nichtig war, 2) weil er die erforderliche Vertragsmacht nicht besaß, 3) weil er trotz Kenntnis hiervon einen Vertrag auf eine unmögliche oder gesetzlich verbotene Leistung abgeschlossen hatte. Kennt der Geschädigte jedoch den Grund der Ungültigkeit oder Anfechtbarkeit, oder trifft ihn die Schuld, daß er sie nicht kannte, so hat er keinen Anspruch auf das negative Vertragsinteresse (Bürgerliches Gesetzbuch, § 122).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 496.
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