Niemcewicz

[674] Niemcewicz (spr. njemzéwitsch), Julian Ursyn, poln. Gelehrter, Dichter und Staatsmann, geb. 1758 auf dem Landgut Skoki in Litauen, gest. 21. April 1841 in Paris, erhielt seine Bildung in der Kadettenanstalt zu Warschau, ward 1777 Adjutant des Fürsten Czartoryski und verbrachte später mehrere Jahre in Frankreich, England und Italien. Bei dem Aufstand 1794 trat er von neuem in die Armee und geriet bei Maciejowice mit Kościuszko, dessen Adjutant er war, in Gefangenschaft. Aus dieser vom Kaiser Paul I. entlassen (1796), begab er sich, seinen Weg über Schweden und England nehmend, nach Amerika, wo er zehn Jahre verweilte. Nach dem Wiener Kongreß wurde er in dem neuen Königreich Polen als Staatssekretär und Präsident des Konstitutionskomitees angestellt und 1828 zum Präsidenten der »Gesellschaft der Freunde der Wissenschaften« ernannt. Doch die Ereignisse der Jahre 1830 und 1831 trieben ihn von neuem ins Ausland. Er ging zunächst nach London und lebte dann bis zu seinem Tod in Paris. Von seinen Schriften (Leipz. 1838–40, 12 Bde.; Krakau 1884, 5 Bde.) sind hervorzuheben: »Historische Gesänge der Polen« (Warschau 1816 u. ö.; deutsch von Gaudy, Leipz. 1833); »Die Heimkehr des Landboten«, Lustspiel (Warsch. 1790); »Geschichte der Regierung König Siegmunds III. von Polen« (das. 1819, 3 Bde.; neue Aufl., Bresl. 1836); »Sammlung von Memoiren zur alten polnischen Geschichte« (Warsch. 1822–33, 6 Bde.; neue Aufl., Leipz. 1840); der Rom an »Levi und Sara«, eine Schilderung der Zustande der polnischen Juden (1821; deutsch, Berl. 1825); »Johann von Tenczyn«, historischer Roman (Warsch. 1825, 3 Bde.; deutsch, Berl. 1828; 2. Aufl. 1834) u.a. Aus seinem literarischen Nachlaß wurden seine Memoiren (Par. 1848, Pos. 1871) und Tagebücher (Lemb. 1873, Pos. 1876 bis 1877) veröffentlicht. Sein Leben beschrieb Fürst Adam Czartoryski (poln., Berl. 1860).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 674.
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