Pharmazie

[763] Pharmazie (v. griech. phármakon, Arznei-, Heilmittel), die Kunst der Anfertigung von Heilmitteln, insbes. der Ausführung ärztlicher Rezepte. Der deutsche Sprachgebrauch versteht unter P. nicht wie der französische und amerikanische die Apotheke, sondern ganz allgemein die praktische und wissenschaftliche Tätigkeit des Apothekers; der letztere Name bezeichnet den examinierten ausübenden Apotheker, während sich der Ausdruck Pharmazeut auch auf die angehenden Fachgenossen bezieht. Die P. als gleichzeitig praktisches und wissenschaftliches Fach, an dessen gewissenhafter und regelrechter Ausübung die Gesellschaft das höchste Interesse hat, setzt einen entsprechenden Bildungsgang des Pharmazeuten voraus, der in den meisten Kulturstaaten gesetzlich vorgeschrieben ist und durch ein öffentliches Examen nachgewiesen werden muß (vgl. Apotheke). Im Besitz der nötigen Fachkenntnisse, war der Apotheker ein hervorragender Vertreter der Naturwissenschaft zu einer Zeit, als dieselbe noch wenig verbreitet war. Tüchtige Pharmazeuten, besonders in Deutschland und Frankreich, haben sich bis in die neuere Zeit in nicht unerheblicher Zahl zu ausgezeichneten theoretischen oder praktischen Chemikern und Botanikern aufgeschwungen. Bei der gewaltigen Entwickelung der Naturwissenschaft in neuester Zeit mußte in dieser Hinsicht die Bedeutung der P. als einer Art Vorschule der Naturwissenschaft notwendig in den Hintergrund treten. Umgekehrt hat seither z. B. die Pharmakognosie von seiten der Botanik, die pharmazeutische Chemie von der modernen Chemie die mächtigsten Anregungen empfangen. Die P. hat eine nicht unbedeutende Literatur aufzuweisen, die der Natur der Sache nach weniger in zusammenfassenden Lehrbüchern und Handbüchern besteht als in Zeitschriften und Jahresberichten. In ersterer Richtung (s. auch Pharmakognosie) sind hervorzuheben: Mohr, Lehrbuch der pharmazeutischen Technik (3. Aufl., Braunschw. 1866) und Rezeptierkunst (Hamb. 1854); das »Handbuch der pharmazeutischen Praxis« von Herm. Hager (s. d.); Beckurts und Hirsch, Handbuch der praktischen P. (Stuttg. 1886, 2 Bde.); »Schule der P.«, herausgegeben von Holfert, Thoms, Mylius und Jordan (5 Bde., in verschiedenen Auflagen, Berl. 1903–05); Geißler und Möller, Realenzyklopädie der gesamten P. (Wien 1886–91, 10 Bde.; 2. Aufl. mit Thoms, 1904 ff.); Brestowski u.a., Handwörterbuch der P. (das. 1892–96, 2 Bde.); Dorvault, L'officine (14. Aufl., Par. 1898); Soubeiran, Traité de pharmacie (9. Aufl., das. 1885–87, 2 Bde.); Parrish, Treatise on pharmacy (5. Aufl., Philad. 1884); Frederking, Grundzüge der Geschichte der P. (Götting. 1874); Flückiger, Dokumente zur Geschichte der P. (Halle 1876); Peters, Aus pharmazeutischer Vorzeit (Berl. 1886); Berendes, Die P. bei den alten Kulturvölkern (Halle 1891, 2 Bde.) und Geschichte der P. (mit Fachgenossen, Leipz. 1898 ff.); Schelenz, Geschichte der P. (Berl. 1904); André-Poutier, Histoire de la pharmacie (Par. 1900). Jahresberichte der P. erscheinen in Deutschland (Götting.), EnglandYearbook of Pharmacy«, Lond.) und Amerika (in den »Proceedings of the American Pharmaceutical Association«).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 763.
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