Reclus

[675] Reclus (spr. röklǖ), Elisée, berühmter franz. Geograph, geb. 15. März 1830 in Ste. – Foix-la-Grande (Gironde), gest. 4. Juli 1905 in Thourout (Westflandern), studierte an der protestantischen Fakultät in Montauban und in Berlin (unter Ritter), mußte infolge des Staatsstreichs 1851 Frankreich verlassen und unternahm nun mehrjährige Reisen nach England, Irland, Nordamerika, Zentralamerika und Kolumbien. Seit 1858 lebte er wieder in Paris. 1870 in den Kommuneaufstand verwickelt, wurde er von der Versailler Armee gefangen genommen, 16. Nov. 1871 zur Deportation verurteilt, welche Strafe der Präsident Thiers jedoch in einfache Verbannung verwandelte. Seitdem verweilte er in Lugano und Clarens, bis er 1879 nach Paris zurückkehrte. Seit 1893 lehrte er an der Neuen Universität in Brüssel. In den letzten Jahren beschäftigte ihn die Herstellung eines Riesenglobus. R. veröffentlichte: »Voyage à la Sierra Nevada de Sainte-Marthe« (Par. 1861, 2. Aufl. 1881); »Les villes d'hiver de la Méditerranée et les Alpes Maritimes« (1864); »Introduction an Dictionnaire des communes de la France« (1864, 2. Aufl. 1869) und eine physische Geographie: »La Terre« (1867–1838, 2 Bde.; 5. Aufl. 1882; deutsch bearbeitet von Ule, 2. Aufl., Braunschw. 1891), der sich sein Hauptwerk, die »Nouvelle Géographie universelle« (1876 bis 1894, 19 Bde.), anschloß. Von kleinern Schriften sind noch zu erwähnen: »Les phénomènes terrestres, les mers et les météores« (1873), »Histoire d'une montagne« (1880), »Histoire d'un ruisseau« (1869, 2. Aufl. 1881) und »L'Empire du milieu« (mit Onésime R., 1902). Kurz vor seinem Tod erschien noch sein philosophisches Werk: »L'homme et la terre« (Par. 1905 ff., auf 5 Bände berechnet). Seine anarchistischen Ideen hat R. in der kleinen Schrift. »L'évolution, la révolution et l'idéal anarchique« (1897) entw ickel t. Sein Bildnis s. Tafel »Geographen« beim Artikel »Erdkunde« (Bd. 6). Vgl. Girardin und Brunhes in der »Geographischen Zeitschrift«, 1906; Guillaume de Greef, Eloge d'Elisée R. (Université Nouvelle Bruxelles, Gent 1906). – Sein Bruder Onésime R., geb. 1837 in Orthez, schrieb außer mehreren geographischen Unterrichtsbüchern noch: »La terre à vol d'oiseau« (3. Aufl. 1877); »La France et ses colonies« (1886–89, 2 Bde.); »Le plus beau royaume sous le ciel«, eine Schilderung Frankreichs (1899, 2. Aufl. 1904). Auch seine andern Brüder machten sich als Fachschriftsteller bekannt: [675] Elie R., geb. 1827 in Ste. – Foix-la-Grande, nahm wie Onésime an den Arbeiten Elisées teil und schrieb selbständig: »Les Primitifs, études d'ethnologie comparée« (1885, neue Ausg. 1903); Armand R., geb. 1843 in Orthez, war (bis 1885) Marineoffizier, trat 1880 in den Dienst der Panamagesellschaft und veröffentlichte mehrere Schriften über den Panamakanal (zum Teil gemeinschaftlich mit Bonaparte Wyse); Paul R., geb. 1847 in Orthez, hat sich als medizinischer Schriftsteller einen Namen gemacht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 675-676.
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