Rosny [2]

[157] Rosny (spr. rōni), 1) Léon de, franz. Orientalist und Ethnolog, geb. 5. Aug. 1837 in Loos (Nord), studierte in Paris Geschichte und Sprachen des Orients, erhielt 1863 die Professur des Japanischen an der kaiserlichen Bibliothek daselbst und ist seit 1868 Professor des Japanischen an der Spezialschule für orientalische Sprachen, ein überaus vielseitiger und unternehmender Forscher, Begründer der internationalen Kongresse der Orientalisten und mehrerer gelehrten Gesellschaften und Zeitschriften, dabei ein sehr fruchtbarer Schriftsteller. Er schrieb unter anderm: »Introduction á l'étude de la langue japonaise« (1857); »Eléments de la grammaire japonaise« (2. Aufl. 1897); »Guide de la conversation japonaise« (3. Aufl. 1883) und andre Teile des umfangreichen »Cours de Japonais«; »Aperçu général des langues sémitiques et de leur histoire« (1858); »Les écritures figuratives et hiéroglyphiques des différents peuples« (2. Aufl. 1870); »Dictionnaire des signes idéographiques de la Chine« (1864–66); »Aperçu de la langue coréenne« (1867); »Vocabulaire chinois-coréenaïno« (1867); »Variétés orientales« (3. Aufl. 1872); »Archives paleographiques de l'Orient et de l'Amérique« (Bd. 1, 1871); »L'interprétation des anciens textes Mayas« (1875); »Les peuples de l'Indo-Chine« (1874); »Les peuples orientaux, connus des anciens Chinois« (1882, 2. Aufl. 1886); »La civilisation japonaise« (1883); »Les populations danubiennes« (1882–85, mit Atlas); »Taureaux et mantilles«, Reisebilder aus Spanien und Portugal (1882, 3. Aufl. 1894); »Le Taoïsme« (1892); »L'Amérique précolombienne« (1904), mehrere Bände in der von ihm herausgegebenen »Bibliothèque ethnographique« (über Siam, Rumänien, Korea etc.) u.a. Auch veröffentlichte er verschiedene japanische und chinesische Werke in französischer Übersetzung und redigiert das »Bulletin« der 1858 von ihm gegründeten Gesellschaft für amerikanische und asiatische Ethnographie.

2) Joseph-Henry, mit wahrem Namen Boëx, franz. Romanschriftsteller von belgischer Herkunft, geb. 1856 in Paris, gehörte anfänglich der naturalistischen Schule an. Er zeichnet sich namentlich durch ausgedehnte philosophische, nationalökonomische und naturwissenschaftliche Kenntnisse aus, die er in seinen meisten Romanen jedoch zu geflissentlich anbringt, wodurch sein Stil oft dunkel wird. Bei einem Aufenthalt in London fand er den Stoff zu seinem ersten Roman »Nell Horn, membre de l'Armée du Salut« (1885). Ihm folgte »Le Bilatéral« (1886), eine ungemein sorgfältige und unparteiische Studie über die Pariser Sozialisten, und der Bauernroman »L'Immolation«[157] (1887). R. gehörte zu den fünf Naturalisten, die 1887 ein Manifest gegen die häßlichen Übertreibungen in Zolas »La Terre« erließen, und schloß sich eng an Goncourt an, den er auch darin nachahmte, daß er seit 1891 seine Werke gemeinsam mit seinem jüngern Bruder, Iustin (geb. 1863), verfaßte. R. schrieb ferner »Les Corneilles« (1888), »Marc Fane« (1888), »Le Termite« (1890), ein interessantes Bild der Pariser Schriftstellerwelt, »Daniel Valgraive« (1891), »Vamireh« (1892), ein merkwürdiger Versuch eines prähistorischen Romans, »L'imperieuse bonté« (1894), die Pariser Wohltätigkeit darstellend, Rosnys bestes Werk, »L'Indomptée« (1894), der Roman einer Medizinstudentin, »Renouveau« (1894), »L'autre femme« (1895), »Les Xipéhuz« (1896), »Les âmes perdues« (1899), »Le roman d'un cycliste« (1899), »La charpente« (1900), »Une reine« (1901), »Les deux femmes« (1902), »La Luciole« (1904), »Sous le fardeau« (1905), »Le testament volé« (1906), »Contre le sort« (1907). Auf der Bühne des Odéon fand »La Promesse« (1897) nur geringen Erfolg. Nach dem Testament Edmond de Goncourts gehören beide Brüder R. seit 1896 der zehngliederigen Académie des Goncourt an.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 157-158.
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