Saar [3]

[349] Saar, Ferdinand von, Dichter, geb. 30. Sept. 1833 in Wien, gest. 24. Juli 1906 in Döbling bei Wien durch Selbstmord, trat nach beendigten Gymnasialstudien 1849 in die Armee, wurde 1854 Leutnant, verließ aber 1859, nachdem er den Feldzug in Italien noch mitgemacht, den Militärstand, um sich der Literatur zu widmen. Er lebte seitdem in Wien, bis er 1881 nach Schloß Blansko in Mähren übersiedelte. S. veröffentlichte zuerst die Trauerspiele: »Hildebrand« (Heidelb. 1865) und »Heinrichs Tod« (das.[349] 1867), beide vereinigt u. d. T.: »Kaiser Heinrich IV.« (Heidelb. 1872, 3. Aufl. 1904); ferner »Innocens, ein Lebensbild« (das. 1866, 4. Aufl. 1892). Später folgten die Tragödien: »Die beiden de Witt« (Heidelb. 1875, neu bearb. 1879), »Tempesta« (das. 1881) und »Thassilo« (das. 1886); die »Novellen aus Österreich« (das. 1877, 2. Aufl. 1894; Ausgabe in 2 Bänden, 1897); »Gedichte« (das. 1882, 3. Aufl. 1904); »Drei neue Novellen« (das. 1883); das Volksdrama »Eine Wohltat« (das. 1886); »Schicksale«, drei Novellen (das. 1888); »Frauenbilder« (das. 1892); »Schloß Kostenitz« (das. 1893); »Wiener Elegien« (das. 1892, 3. Aufl. 1894); »Herbstreigen«, drei Novellen (das. 1897); »Die Pincelliade«, Poem in fünf Gesängen (2. Aufl., das. 1897); »Nachklänge. Neue Gedichte u. Novellen« (das. 1899); »Camera obscura«, fünf Geschichten (das. 1901, 2. Aufl. 1904); »Hermann und Dorothea«, ein Idyll in fünf Gesängen (das. 1902); »Österreichische Festdichtungen« (Wien 1903); »Ginevra. Die Troglodytin«, zwei Novellen, mit Einleitung von Bartels (in Reclams Universal-Bibliothek, 1904); »Tragik des Lebens«, vier neue Novellen (Wien 1906). S. ist ausgezeichnet als Lyriker von eigenartiger Persönlichkeit und als Novellist. Seine Lyrik ist schwermütig, aber wahrhaft, echt empfunden, charakteristisch, gestaltend ohne Rhetorik. Sein lebendiger Sinn für den Geist und den Wandel der Zeiten offenbart sich in seiner Lyrik wie in seinen Novellen, welche die innere Seelengeschichte Österreichs, und zumal der Wiener Gesellschaft, seit 1850 mit ungewöhnlicher Feinheit auch in der Charakteristik der Individuen veranschaulichen. Als Dramatiker konnte S. nicht festen Fuß auf der Bühne fassen. Vgl. Minor, Ferdinand v. S., eine Studie (Wien 1898); Hruschka im »Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft«, Bd. 12 (das. 1902); »Widmungen zur Feier des 70. Geburtstags F. v. Saars« (hrsg. von Specht, das. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 349-350.
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