Schornstein

[11] Schornstein (Schlot, Esse, Rauchrohr), aufrechter Kanal zur Abführung der Verbrennungsgase und zur Erzeugung des »Zuges« einer Feuerung. Der S. wirkt zugfördernd, weil die in ihm enthaltene Säule erwärmter Luft leichter ist als eine gleich hohe Säule der freien, kältern Luft. Je höher der S. ist, um so energischer befördert er den Zug. Schornsteine mit rundem Querschnitt sind zweckmäßiger als eckige, ebenso quadratische besser als rechteckige, weil sie dem spiralförmig aufsteigenden Rauch weniger Hindernisse entgegensetzen. Diese zu beseitigen, sind die Schornsteine auch mit möglichst glatten Innenwänden herzustellen. Eiserne Schornsteinröhren erfüllen diese Bedingung, leiden aber (besonders bei Feuerungen mit sehr schwefelhaltigen Steinkohlen) durch die Bildung von Schwefeleisen und Eisenvitriol. Gemauerte Schornsteine sind von weit längerer Dauer und veranlassen, wenn sie innen sorgfältig geputzt oder voll und glatt gefugt sind, auch nur geringe Reibung. Tonröhren zum Auskleiden von Schornsteinen sind unzweckmäßig, da sie beim Reinigen leicht zertrümmert werden. Die Rauchrohre in Wohngebäuden liegen, um vor Abkühlung möglichst geschützt zu sein, zweckmäßig nicht in den Umfassungswänden, sie müssen zur Verhinderung der Feuersgefahr 25 cm von jeglichem Holzwerk entfernt bleiben und dürfen keine geringere Wandstärke als 1/2 Backsteinlänge erhalten. Die Rohre sind entweder unbesteigbar oder besteigbar (Steigerohre). Das zulässige Mindestmaß des Querschnitts der erstern ist zumeist auf 250 qcm festgesetzt. Diese engsten Rohre werden russische genannt. Weitere unbesteigbare Rohre (für Kochherde, Kamine etc.) erhalten etwa 625 qcm Querschnitt.[11] Steigerohren gibt man eine Weite von 40×47 cm bis 47 cm im Quadrat. Im allgemeinen führt man die Schornsteine zur Vermeidung des Einrauchens wenigstens 0,30 m über den Dachfirst hinaus. Der Wind läßt den Zug mindestens ganz unverändert; wagerecht wehender Wind wirkt sogar saugend. Um aber das Aufsteigen des Windes am S. zu begünstigen, darf der Schornsteinkopf nur wenig ausladen. Gegen das Eintreten des Windes in die Schornsteinöffnung und das Einregnen bedient man sich besonderer Schornsteinaufsätze. Die einfachste Art besteht aus einer auf mehreren Stützen ruhenden wagerechten Deckplatte. Andre sind teils fest, teils beweglich, gemauert, von Metall oder Ton und laufen darauf hinaus, den Austritt des Rauches unter Ausnutzung der Windwirkung zu begünstigen. Fabrikschornsteine erhalten meist quadratischen oder runden Querschnitt und bisweilen sehr bedeutende Höhe. Zum Besteigen werden Steigeisen eingemauert. Werden sehr hoch erhitzte Gase abgeführt, so gibt man dem S. Doppelmauern und kleidet ihn mit Schamotte aus. Auch tritt, wie beim Hoffmannschen Ringofenschornstein, eine Verstärkung des äußern Mantels durch lotrechte Rippen hinzu. Die Fabrikschornsteine stehen meist ganz frei und sind mit dem Kesselhaus durch einen Fuchs (s. Feuerungsanlagen, S. 521) verbunden. Ihre lichten Durchmesser oben und unten sind abhängig von der Größe der Rostfläche der Feuerungsanlage und von der durch diese in einer Stunde verzehrten Brennstoffmenge, ihre Höhe von diesen beiden Faktoren und dem Durchmesser, und ihre Wandstärke wesentlich von dem zu etwa 150 kg für 1 qm ebener, zur Windrichtung normaler Fläche anzunehmenden Winddruck. In jedem einzelnen Fall ist also eine besondere Berechnung vorzunehmen. Zur Erhöhung ihrer Festigkeit werden die Fabrikschornsteine gebunden, d. h. mit starken eisernen Bändern gegürtet, die das übermäßige Auseinandertreiben der Fugen durch Temperaturunterschiede verhindern sollen. Vgl. Artikel »Feuerungsanlagen«; Pinzger, Über die Stabilität von Fabrikschornsteinen (im »Notizblatt des Architekten- und Ingenieurvereins für Niederrhein-Westfalen«, Köln 1877); Menzel, Der Steinbau (9. Aufl. von Heinzerling, Fulda 1893); Pietzsch, Der Fabrikschornstein (Freiberg 1896); Lang, Der Schornsteinbau (Hannov. 1896–1901, 3 Hefte); Claussen, Die statische Berechnung der Fabrikschornsteine (Lüneb. 1897); Bastine, Berechnung und Bau hoher Schornsteine (Leipz. 1898); Klasen, Bau der Fabrikschornsteine (Wien 1903); Rauls, Lexikon des Schornsteinbaues (Köln 1907); Jahr, Anleitung zum Entwerfen und zur Berechnung der Standfestigkeit für gemauerte Fabrikschornsteine (4. Aufl., Hagen 1904); Landmann, Tabellen zur Bestimmung der Randspannungen von Fabrikschornsteinen (Wiesb. 1904) u. Art. »Schornsteinfeger«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 11-12.
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