[276] Tabulatūr (ital. Intavolatura), »Tabellennotierung«, seit mindestens dem 15. Jahrh. Name der einen mehrstimmigen Tonsatz mit übereinandergeschriebenen Buchstaben oder Zahlen übersichtlich darstellenden Instrumentalnotierungen im Gegensatz zu den in sogen. Einzelstimmen ausgeschriebenen. Die älteste Art der T. ist die deutsche Orgeltabulatur, deren Anfänge, die Notierung mit den ersten 715 Buchstaben des lateinischen Alphabets, bis ins 10. oder 9. Jahrh. zurückreichen und die sich bis in die Zeit Bachs im Gebrauch erhielt. Für andre Instrumente, besonders die Laute (s. d.), hatte man in verschiedenen Ländern verschiedene eigne Buchstaben- oder Zifferntabulaturen, die sich aber auf die Griffe bezogen und je nach Stimmung des Instruments verschiedene Tonbedeutung hatten. Das Studium der in Lautentabulatur notierten Tonstücke. ist für die musikalische Geschichtsforschung darum wichtig, weil dieselben über den faktischen Gebrauch chromatischer Töne sichern Aufschluß geben, weil jederzeit der Griff notiert ist und nicht wie in den Mensuralnotierungen oft die Anwendung von ♭ oder ♯ als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Schlüssel für das Verständnis der T. geben Wasielewski, Geschichte der Instrumentalmusik im 16. Jahrhundert (Berl. 1878), Riemann, Notenschrift und Notendruck (Leipz. 1896) u. a. Das Gemeinsame aller Tabulaturen ist eine von derjenigen der Mensuralmusik abweichende Andeutung der Notenwerte durch übergeschriebene Zeichen, nämlich:
ohne alle die komplizierten Mensuralstimmungen, ganz in der Art der modernen Notenschrift. Über die T. der Meistersinger s. Meistergesang.