Wartburgkrieg

[390] Wartburgkrieg (Sängerkrieg auf der Wartburg), ein poetischer Wettstreit, der nach mittelalterlicher Sage 1206 oder 1207 am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen zu Eisenach stattgefunden haben soll und in einem lyrisch-didaktischen Gedicht mittelhochdeutscher Sprache aus der Zeit um 1260 von einem unbekannten Verfasser geschildert ist. Auf die Wartburg wird dieser Kampf zuerst von dem thüringischen Chronisten Johannes Rothe (Anfang des 15. Jahrh.) verlegt. Das Gedicht läßt sieben Sänger, darunter Heinrich von Ofterdingen, Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Reinmar von Zweter, einander mit Liedern über den ruhmwürdigsten Fürsten auf Leben und Tod bekämpfen. Heinrich von Ofterdingen, der, entgegen den übrigen, das Lob des Herzogs Leopold von Österreich singt, verliert den Sieg gegen Walther von der Vogelweide, der den Thüringer Landgrafen preist. Der Überwundene will sich dem Schiedsspruch, der ihn der Hand des Henkers überantwortet, als einem ungerechten Urteil nicht unterwerfen; er ruft den Zauberer Klingsor aus Ungarland zu seinem Beistand herbei, der dann mit Wolfram von Eschenbach streitet, dem er mystische Rätselfragen vorlegt. Wolfram löst diese, so daß der endlich gleichfalls für besiegt erklärte Klingsor mit Zuhilferufung des Teufels droht. Das Gedicht ist strophisch gegliedert und in dialogischer Form abgefaßt, entbehrt aber eigentlichen dichterischen Wertes fast gänzlich. Erhalten ist es in zwei Bearbeitungen: in der sogen. Manessischen und der Jenaischen Handschrift der Minnesinger. Gedruckt liegt es vor inv. d. Hagens Sammlung der »Minnesinger«, Bd. 2 (Leipz. 1838), sowie in besondern, aber unzuverlässigen Ausgaben von A. Zeune (Berl. 1818) und Ettmüller (Ilmenau 1830). Die beste, aber auch nicht kritische Ausgabe (mit Übersetzung) lieferte Simrock (Stuttg. 1858). Vgl. Koberstein, Über das wahrscheinliche Alter und die Bedeutung des Gedichts vom W. (Naumb. 1823); R. Schneider, Der zweite Teil des Wartburgkrieges und dessen Verhältnis zum Lohengrin (Leipz. 1875); Strack, Zur Geschichte des Gedichtes vom W. (Berl. 1883); Wilmanns, Das Fürstenlob des Wartburgkriegs (»Zeitschrift für deutsches Altertum«, Bd. 28, 1884); Oldenberg, Zum W. (Rostocker Dissertation, 1892). In der Neuzeit fand die Sage vom W. durch Richard WagnerTannhäuser«) dichterische Behandlung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 390.
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