[145] Ettmüller, Ernst Moritz Ludwig, Germanist, geb 5. Okt. 1802 in Gersdorf bei Löbau in der sächsischen Oberlausitz, gest. 15. April 1877 in Zürich, studierte zu Leipzig, habilitierte sich 1830 in Jena und folgte 1833 einem Ruf als Professor der deutschen Literatur an das Gymnasium zu Zürich, wo[145] er 1863 zur Universität überging. E. gab mehrere mittelhochdeutsche und mittelniederdeutsche Sprachdenkmäler heraus, so: »Kunech Luarin« (Jena 1829); »Sant Oswaldes Leben« (Zürich 1835); »Heinrichs von Meißen des Frauenlobes Leiche, Sprüche und Lieder« (Quedlinb. 1843); »Frawen Helchen Süne« (Zürich 1846); »Heinrichs von Veldecke Eneide« (Leipz. 1852); »Orendel und Bride, eine Rune des deutschen Heidentums« (Zürich 1858); »Theophilus, der Faust des Mittelalters«, Schauspiel aus dem 16. Jahrh. (Quedlinb. 1849); »Dat spil van der upstandinge« (das. 1850) etc. In den »Gudrunliedern« (Zürich 1841) versuchte er die von Lachmann bei der Kritik des Nibelungenliedes angewendete Methode auch auf das Epos von Gudrun zu übertragen. Schätzenswert ist sein »Lexicon anglo-saxonicum« (Quedlinb. 1851). Gleichzeitig erschien eine angelsächsische Chrestomathie u. d. T.: »Engla and Seaxna scôpas and bôceras« (Quedlinb. 1850). Auf dem Gebiet der altnordischen Literatur hatte sich E. schon früher in der Bearbeitung der »Vauluspâ« (Leipz. 1830) sowie in der Übersetzung der »Lieder der Edda von den Nibelungen« (Zürich 1837) versucht; auch verfaßte er eine Übersetzung des angelsächsischen »Beowulf« (Zürich 1840). In seinem »Handbuch der deutschen Literaturgeschichte« (Leipz. 1847) gab er einen für jene Zeit recht brauchbaren Überblick der deutschen, angelsächsischen, altnordischen und mittelniederländischen Literatur. Auch gab er ein altnordisches Lesebuch (mit Lüning, Zürich 1861) sowie eine Sammlung: »Altnordischer Sagenschatz« (Leipz. 1870), heraus.