Wurtz

[792] Wurtz, Karl Adolf, Chemiker, geb. 26. Nov. 1817 in Straßburg, gest. 12. Mai 1884 in Paris, studierte in Straßburg und Gießen, wurde 1845 Präparator für die Vorlesungen über organische Chemie an der Sorbonne in Paris, 1846 Vorstand des Laboratoriums an der Ecole des arts et manufactures und 1851 Professor am Landwirtschaftlichen Institut in Versailles, 1853 Professor der organischen Chemie an der Sorbonne und Professor der Toxikologie an der Ecole de médecine. Seit 1866 Doyen der medizinischen Fakultät, führte er viele Reformen ein und schuf namentlich auch nach deutschem Muster praktische Kurse für pathologische Anatomie, Histologie, biologische Chemie etc. 1876 legte er das Amt eines Doyen nieder. W. entdeckte viele Verbindungen, lieferte wichtige Arbeiten über Cyansäureverbindungen und die organischen Basen und stellte zuerst gemischte Alkoholradikale dar. Sein Hauptverdienst liegt indessen im Bereich der theoretischen Chemie. Er unterschied schon Atomizität und Basizität der Säuren, schuf mit Hofmann die Lehre von den substituierten Ammoniaken, unterschied ein-, zwei- und dreiatomige Alkohole und trug wesentlich bei zur Ausbildung der Lehre von der Wertigkeit der Atome und Atomgruppen. Er schrieb: »Mémoire sur les ammoniaques composés« (Par. 1850); »Leçons de philosophie chimique« (das. 1864); »Traité élémentaire de chimie médicale« (das. 1864–65, 2 Bde.; 2. Aufl. 1868–75); »Leçons élémentaires de chimie moderne« (das. 1866, 6. Aufl. 1892); »Dictionnaire de chimie pure et appliquée« (das. 1868–78, 5 Bde.; Supplement 1880–86, 2 Bde.; zweites Supplement von Friedel und Chabrié, 1892–1908, 7 Bde.) und daraus separat: »Histoire des doctrines chimiques« (das. 1868); »La théorie atomique« (1878; deutsch, Leipz. 1879); »Traité de chimie biologique« (1884) u. a. Seit 1858 gab er das »Répertoire de chimie pure« heraus, und seit 1852 war er Mitredakteur der »Annales de chimie et de physique«. Vgl. Friedel, Notice sur la vie et les travaux de Charles-Adolphe W. (Par. 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 792.
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