Zorŏaster

[995] Zorŏaster (im Zendavesta Zarathushtra, bei den Parsen Zerdusht), der Stifter der berühmten dualistischen Glaubenslehre der alten Iranier. Die Nachrichten über Z. sind größtenteils rein sagenhaft. So soll er gleich nach seiner Geburt wie ein Erwachsener verständig gelächelt haben. Um ihn zu verderben, sollen ihn die Teufel ins Feuer gestürzt, unter die Hufe von Pferden und Ochsen gebracht und den Wölfen vorgeworfen haben, aber er ging aus allen Verfolgungen unverletzt hervor. Obwohl aus königlichem Stamme, unterzog er sich den härtesten Kasteiungen, um sich für seine Prophetenlaufbahn vorzubereiten, und wurde dafür von Ahuramazda und seinen Genien mit Offenbarungen begnadigt. An dem Hofe des Königs Vishtasp (Vischtaspa) verkündete er seine neue Lehre und überzeugte ihn durch Wunder von deren Richtigkeit. Diese Angaben des Zerdushtnameh der Parsen werden trotz ihres mythischen Charakters teilweise schon durch Nachrichten des klassischen Altertums bestätigt und als alt erwiesen. Auch im Zendavesta erscheint Z. schon als eine mythische Figur. Er ist ein großer Kämpfer gegen die Teufel, und selbst Ahuramazda sehnt sich nach ihm und wünscht, daß er zu seinem Beistand geboren werden möge. Wie er selbst durch das Gebet die Teufel überwindet, so wird am Ende der Tage der aus seinem Samen geborne Heiland Saoshyant die Welt erretten und eine neue unsterbliche Welt schaffen. Er ist der Vermittler zwischen der Gottheit und der Menschheit, der Prophet, der Ahuramazda über alle Hauptpunkte der heiligen Lehre befragt und die von ihm erhaltenen Auskünfte den Menschen mitteilt. In den Gathas, dem ältesten Teile des Zendavesta, erscheint die Persönlichkeit des Z. noch weniger in sagenhaftem Lichte, sein Verhältnis zu seiner Familie und seinen Getreuen und zu seinem Gönner, dem König Vistaspa sowie anderseits der Zwiespalt mit den Gegnern seiner Lehre tritt noch deutlich hervor. Über das Zeitalter des Z. gehen die Zeugnisse[995] stark auseinander; Jackson und West setzen ihm die Zeit 660–583 v. Chr. Auch über seinen Geburtsort und den Schauplatz seiner prophetischen Tätigkeiten schwankt die Überlieferung: seinen Ursprung wenigstens verlegt die jetzige Gelehrtenwelt übereinstimmend in das westliche, nicht das östliche Iran. Vgl. Spiegel, Eranische Altertumskunde (Leipz. 1871–78, 3 Bde.); Darmesteter, Ormazd et Ahriman (Par. 1877) und Le Zend-Avesta (Übersetzung mit Kommentar, das. 1892–93, 3 Bde.); Justi, Geschichte des alten Persiens (Berl. 1879); E. Meyer, Geschichte des Altertums, Bd. 1 (Stuttg. 1889, 2. Aufl. 1907); Bartholomae, Die Gathas des Avesta. Zarathushtras Verspredigten (Straßb. 1905); das Hauptwerk über Z. ist Jackson, Z. the prophet of Ancient Iran (New York 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 995-996.
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