16. Verschiedene Belehrung

[182] Mong Dsï sprach: »Die Belehrung hat vielerlei Mittel. Wenn ich mich nicht hergebe, einen zu belehren, so gebe ich ihm eben dadurch auch eine Lehre.«

Fußnoten

1 Giau war nach Dschau Ki ein jüngerer Bruder des (damals mediatisierten) Fürsten von Tsau. Daß er von vornehmer Herkunft war, läßt er durchblicken, indem er sein freundschaftliches Verhältnis zu dem Landesfürsten von Dsou, der Heimat des Mong Dsï, nicht ganz unabsichtlich erwähnt. Damit hat er einen fremden Mißton in den Verkehr gebracht, trotz der wohlwollenden Gutmütigkeit, mit der er sich als »langer Kerl, der nichts kann als Hirse essen« bezeichnet. Mong Dsï schickt ihn darum freundlich, aber bestimmt nach Hause. Er ist nicht für bloße interessante Unterhaltungen zu haben.


2 Das folgende Gleichnis ist nicht besonders deutlich herausgearbeitet. Es bewegt sich in demselben Gedankengang vom Heben des Taischans und der Verbeugung vor den Älteren wie Buch I, A, 7. Sein Zweck ist wohl weiter nichts, als zu zeigen, daß einer, der erst schwach war, allmählich stark werden kann wie der stärkste Riese. (Wu Huo, ein zeitgenössischer Athlet aus Tsin, der angeblich dreihundert Zentner heben konnte!)


3 Der hier erwähnte »alte« Gau ist weder zu verwechseln mit dem Gau Dsï von VI, A, 1 ff. (das Wort wird im Chinesischen ganz verschieden geschrieben), noch mit dem Schüler Gau, der in II, B, 12 genannt wird.


4 Die Siau-Pan-Ode steht Schï Ging II V, 3.


5 Der Sinn des Gleichnisses ist, daß, während man einen Fremden mit freundlichen Worten von einem Unrecht abzuhalten sucht, das er einem antun will – da man keinen Anspruch an ihn hat – wird man Verwandten gegenüber, an die man ein Anrecht hat, durch solche Lieblosigkeit zugleich gekränkt und betrübt. Diese zürnende Liebe darf nicht fehlen, sonst würde man sich den Vorwurf der Entfremdung und Gleichgültigkeit mit Recht zuziehen.


6 Die Kai-Fong-Ode steht in Schï Ging I, III, 7.


7 Bei Dschuang Dsï wird unter den zeitgenössischen Wanderphilosophen ein gewisser Sung Giän oder Sung Yung Dsï genannt. Vgl. Dschuang Dsï S. 19 f. Von seiner Richtung heißt es unter anderem: »Sie verboten den Angriff und wollten Niederlegung der Waffen, um die Menschen vom Krieg zu erlösen. Mit diesen Lehren durchzogen sie die ganze Welt. Sie ermahnten die Fürsten und belehrten die Untertanen ... Es hieß von ihnen, daß hoch und niedrig es vermied, mit ihnen zusammenzukommen, daß sie aber mit Gewalt sich Zutritt verschafften.« Offenbar nimmt Dschu Hi mit Recht an, daß es sich in unserer Stelle um die selbe Persönlichkeit handelt.


8 Bei Überreichung einer Gabe an einen geehrten Fremden – und ein solcher war Mong Dsï damals – war es üblich, seine persönliche Aufwartung zu machen; erst dadurch erhielt die Gabe den Ausdruck persönlicher Hochachtung. Beide Gaben kamen durch Boten von auswärts, darum machte auch Mong Dsï seinerseits keinen Dankesbesuch. Die Gaben, auch die des Kanzlers, waren wohl unter Wahrung der Form dargebracht, so daß er keinen Grund hatte zur Zurückweisung, wie er das der Gabe des Königs von Tsi gegenüber tat. Ein Gegenbesuch war unter den vorhandenen Umständen nicht nötig. Als sich Gelegenheit bietet, macht Mong Dsï jedoch bei dem Prinzregenten von Jen einen Dankesbesuch, da es bei diesem nicht ein Mangel an Respekt, sondern Abhaltung durch die Umstände gewesen war, was sein persönliches Erscheinen bei Mong Dsï verhinderte. Da sein Bruder, der Fürst von Jen, zur Zeit bei einer Audienz auswärts war, konnte der stellvertretende Regent den Platz nicht verlassen. Zudem war Dsou für Jen Ausland. Dagegen hätte der Kanzler Tschu Dsï von Tsi sehr wohl nach Pinglu, das eine Exklave von Tsi im Süden war, kommen können.


9 Vgl. Schu Ging V, 13, 12.


10 Schun-Yü Kun ist der Sophist aus dem Staate Tsi, mit dem Mong Dsï schon IV, A, 17 ein Redegefecht gehabt hat.


11 Kung merkte, daß seines Bleibens in Lu nicht sein werde, nachdem das Geschenk an Musikantinnen aus Tsi, dem auf Kungs Verdienste eifersüchtigen Nachbarstaat, in Lu eingetroffen war und der Meister erkennen mußte, daß er gegen diese Konkurrenz nicht aufkommen konnte. Dennoch geht er nicht gleich, um nicht durch sein Gehen den Fürsten ins Unrecht zu setzen. Vielmehr wartet er einen anderen, geringfügigeren Anlaß ab. Beim Herbstopfer wurden von dem gebratenen Opferfleisch an die höheren Beamten Portionen verteilt. Die Zusendung dieser Gabe war unterblieben. Deshalb geht Kung Dsï abrupt weg, ohne sich Zeit zu nehmen, die Opfermütze abzunehmen. So war ein äußerlicher Anlaß für sein Gehen vorhanden, der nicht ohne weiteres den Fürsten als Vorwurf berühren mußte. Es war ja in erster Linie Nachlässigkeit der beim Opfer beteiligten Angestellten. Durch die abrupte Art seines Wegganges nimmt der Meister außerdem einen Teil der Schuld auf sich, so daß selbst die Wissenden nicht den wahren Grund durchschauten.


12 Die fünf Bundeshäupter, die zur Zeit der Frühlings- und Herbstannalen die Hegemonie im Reich hatten, sind: Huan von Tsi 684-642, Siang von Sung 650-636, Wen von Dsin 635-627, Mu von Tsin 659-620, Dschuang von Tschu 613-590. Diese Bundeshäupter entsprachen ungefähr den japanischen Schogunen, die auch »im Namen des Kaisers« die Regierung führten. Die drei Königsgeschlechter sind: die Hia-, Schang und Dschoudynastie.


13 Bei solchen Bundeseiden war es Sitte, daß eine quadratische Grube (für die chthonischen Gottheiten) gegraben wurde, über der das Opferrind geschlachtet wurde. Das linke Ohr ward abgeschnitten (der Bundespräsident heißt daher auch der Ochsenohrhalter. Das Blut wurde in einer Schale aufgefangen. Sämtliche Eidgenossen mußten sich zur Befestigung ihres Schwures die Lippen mit dem Blut bestreichen, dann ward das Opfertier in die Grube versenkt, das Bundesbuch daraufgelegt, und das ganze mit Erde bedeckt. Fürst Huan sah von dem Blutstreichen ab als unnötig für die Wahrhaftigkeit der Bundesgenossen. Die Zeit war offenbar über die archaische Sitte schon hinweggeschritten.


14 Das »Südland«, Nan Yang, ist das Gebiet südlich von Taischan, das ursprünglich zu Lu gehört hatte, aber von Tsi annektiert worden war.


15 Bai Gui, mit Vornamen Dau, war ein Mann aus Dschou, der den üblichen Zehnten in den Zwanzigsten umwandeln wollte. Er scheint seiner ganzen Art nach dem Mo Di nahe gestanden zu haben und größte Einfachheit und Beschränkung der Ausgaben betont zu haben. Mong Dsï tritt ihm im Namen der Kultur entgegen, deren Ende die beabsichtigte Einfachheit bedeuten würde. Die praktische Art, wie Bai Gui mit den Wasserläufen fertig wurde, scheint darin bestanden zu haben, daß er Dämme bauen ließ, durch die die Überschwemmungen in benachbarte Staaten abgeleitet wurden.


16 Tschen Dsï ist der II, B, 3 genannte Tschen Dschen.


17 Mong Dsï geht in diesem und den folgenden Abschnitten, die er in seinem höheren Alter gleichsam als Nachtrag verfaßt haben soll, mehr in die Tiefe der Kontemplation als sonst. »Seele« (wörtlich: Herz), »eigentliches Wesen« (wörtlich: Natur) und »Gott« (wörtlich: Himmel) gehören zusammen. »Seele« ist soviel wie das bewußte Geistesleben, das »eigentliche Wesen« ist das zugrunde liegende, nicht in die Erscheinung tretende, aber das ganze Leben gesetzmäßig bestimmende »Ding an sich« des Menschen.

Quelle:
Mong Dsï: Die Lehrgespräche des Meisters Meng K'o. Köln 1982, S. 182.
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