Haydn

[116] Haydn, 1) Joseph, geb. den 31. März 1732 in Rohrau in Niederösterreich, Sohn eines Wagners, der durch Harfenspiel sein Brod erwarb; er wurde Chorknabe in Wien, wo er bald Talent zum Componiren zeigte u. als zehnjähriger Knabe schon ein 16stimmiges Stück lieferte. Unter Porpora weiter ausgebildet, wurde er Organist an der Carmeliterkirche in der Leopoldstadt zu Wien u. 1760 auch Director der Hauskapelle des Fürsten[116] Esterhazy; für diesen setzte er viele Symphonien, Quartetten, einige wenig bekannte Opern für das Marionettentheater u. mehrere Stücke für das Baryton, des Fürsten Lieblingsinstrument. Auch die sieben Worte des Erlösers am Kreuze componirte er in dieser Zeit (1785) für einen Canonicus aus Cadix. Später, mit Beibehaltung des Titels u. Gehalts entlassen, ging er um 1790 als Concertdirector nach London, wo er von der Universität Oxford zum Doctor der Musik ernannt wurde. 1792 nach Wien zurückgekehrt, ging er bald wieder nach London, wo er bis 1795 blieb und dann wieder nach Wien kam; hier vollendete er 1798 die Schöpfung, zu der er den Text von England mitgebracht hatte. Sie fand allgemein Beifall; in Paris ließ ein Verein eine goldene Medaille auf H. schlagen u. übersandte ihm dieselbe. Er schrieb noch die Jahreszeiten (1801). Bei einer Aufführung der Schöpfung (1808) verfiel er in einen Zustand geistiger Überspannung, mußte hinweggetragen werden, kränkelte dann u. st. 31. Mai 1809. Außer obigen Compositionen schrieb H. für die Kirche 32 Stücke, worunter das Stabat mater, die sieben Worte des Erlösers am Kreuze u. 15 Messen sehr geschätzt sind; fürs Theater 19 italienische u. deutsche Opern; außerdem 3 Oratorien: Il ritorno di Tobia, viele mehrstimmige Gesänge u. Lieder, 140 Symphonien, 83 Quartetten u. viele Concerte für fast alle Instrumente (allein 163 Stück für Baryton); übrigens noch Sonaten, Märsche u. Tänze. Vgl. G. A. Griesinger, Biographische Notizen über H., Lpz. 1810; H-s Biographie u. ästhetische Darstellung seiner Werke, Erf. 1810; Framery, Not ice sur J. H., Par. 1810; Lombet (Bayle) Vie de H., Par. 1817; Grosse, Biographische Notizen über H., Hirschberg 1826. 2) Johann Michael, Bruder des Vorigen, geb. 1736, wurde 1763 Musikdirector des Bischofs von Großwardein, später Musikdirector zu Salzburg, u. st. hier 1806; schr. 20 Messen mit lateinischem, 4 mit deutschem Text, viele Litaneien, Motetten, Symphonien (z.B. die Schlittenfahrt), welche gewöhnlich seinem Bruder zugeschrieben werden, etc. Sein letztes Requiem ist unvollendet geblieben.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 116-117.
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