Tanger [1]

[229] Tanger (spr. Tandscher; Tandja, Tandschah), Stadt im Reiche Marokko, am westlichen Ausgange der Straße von Gibraltar, an einer Bucht, welche einen guten Hafen bildet, hat meist krumme Straßen, niedrige Häuser mit platten Dächern, Moschee, katholische Kapelle mit Franciscanerkloster, mehre Synagogen, ein altes verfallenes Schloß (Kasbah) u. 6000 Ew. Es ist der bedeutendste Seehandelsplatz Marokko's u. unterhält namentlich sehr lebhaften Verkehr mit Gibraltar, das von hier seine meisten Lebensbedürfnisse bezieht. – T., bei den Römern Tingis od. Tinge, ist eine sehr alte, nach Einigen von Antäos, nach Anderen von Sophax, dem Sohn des Hercules u. der Wittwe des Antäos, also schon vor der Ankunft der Phönicier erbaute Stadt; sie erhielt unter Augustus eine eigene Verfassung u. unter Kaiser Claudius eine römische Colonie, war Hauptstadt von Mauritaina Tingitana u. ein Haupthandelsplatz. Den Römern nahmen es die Westgothen im 5. Jahrh. ab, verloren es aber im 8. Jahrh. an die Araber, welche von hier aus das christliche Spanien bekriegten. Bei T. 1292 Seesieg des castilianischen Admirals Zacharias über den König Abu Jussuf von Marokko. 1437 machten die Portugiesen einen vergeblichen Angriff auf T., erst 1471 eroberten sie es, traten es aber 1662 an England (als Brautschatz bei der Vermählung Karls II. mit der Infantin[229] Katharine) ab, von den Engländern wurde es 1684 wegen der kostspieligen Unterhaltung verlassen u. geschleift, von den Mauren aber wieder befestigt; 1743 kam es an Marokko; 1790 wurde es von den Spaniern u. am 6. Aug. 1844 von der französischen Flotte unter dem Prinzen von Joinville bombardirt u. am 10. Sept. 1844 hier der Friede zwischen Frankreich u. Marokko geschlossen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 229-230.
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