Thasos

[442] Thasos (Thassos), kleine, bergige Insel des Ägäischen Meeres, westlich von der Mündung des Nestos, von Thracien nur durch einen schmalen Kanal getrennt; reich an Getreide u. Wein u. wichtig wegen der von den Phönikern entdeckten Goldbergwerke; die Berge enthielten Marmor u. waren bewaldet. Auf Th. wurde Herakles u. Dionysos verehrt; Erster stand auch, mit der Keule bewaffnet, auf den thasischen Münzen. Th. war das Vaterland des Polygnotos u. um die Mitte des 5. Jahrh. v. Chr. mehre Jahre lang der Aufenthaltsort des Hippokrates. Außer Änyres u. Konyres, zwei Flecken, zwischen welchen die wichtigsten Goldminen lagen, war noch die Stadt Th. auf der Insel, hatte zwei Häfen, von denen der eine geschlossen werden konnte. Jetzt heißt die Insel Thaso (Taschus), die nördlichste Insel des griechischen Archipelagus, östlich vom Meerbusen von Orphano, zum europäisch-türkischen Ejalet Dschesair gehörig u. dem türkischen Festlande ziemlich nahe, 7,9 QM. groß, mit 10,000 Ew., meist Griechen, welche im Hauptorte Panagia u. außerdem in zehn Dörfern zerstreut wohnen; die Berge, welche auf der Insel rings am Strande sich erheben u. an den meisten Stellen steil ins Meer abfallen, steigen zum Theil bis über 3000 Fuß an u. sind reich an großen Fichtenwaldungen, welche viel Schiffsbauholz liefern. Die Insel welche an Quellwasser sehr reich u. außerordentlich fruchtbar ist, so daß auch im Hochsommer keine Dürre eintritt, treibt nicht unbedeutenden Ausfuhrhandel, namentlich mit Olivenöl, Honig u. Wachs, u. ist auch reich an architektonischen u. andern Überresten des griechischen Alterthums. Nördlich von ihr liegt die kleine unbewohnte Insel Thasopulo. – Th. hieß zuerst Chryse. Schon früh war daselbst eine Niederlassung der Phöniker, welche unter Thasos, einem Bruder des Kadmos, auf der Fahrt nach der Europa dahin gekommen sein sollten. Nachher wurden die Phöniker durch eine Colonie von Paros vertrieben, u. nachdem Jonien den Persern unterworfen worden war, wurde auch Th. persisch, behielt jedoch die Einkünfte von den Bergwerken, welche sich noch dadurch sehr vermehrt hatten, daß die Thasier sich auch mehre Besitzungen auf dem Festlande, wie Galepsos, Öseme, Skapte Hyle, Stryme, Krenides, erobert hatten. Nach den Persischen Kriegen wurde Th. frei u. trat zu dem griechischen Bunde; später fielen die Thasier ab, wurden aber nach einem dreijährigen blutigen Kriege von den Athenern unter Kimon wieder unterworfen. In dem Peloponnesischen Kriege gehörte Th. dem jedesmaligen Sieger, kam dann unter macedonische Herrschaft u. wurde zuletzt, nachdem es die Römer Anfangs für frei erklärt hatten, zu der Provinz Thracien geschlagen. Vgl. Hasselbach, De insula Thaso, Marb. 1838.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 442.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika