Timon

[602] Timon, 1) T. der Misanthrop, Athener, Zeitgenosse des Sokrates, als Menschenhasser berüchtigt; einst bestieg er die Rednerbühne u. sagte, er habe gesehen, daß sich an einem Ölbaum auf seinem Grundstück immer Athener erhenkt hätten; da er nun gesonnen sei jenen Ölbaum abschlagen zu lassen, so wolle er dies seinen Mitbürgern hiermit ankündigen, damit, wenn sich Jemand noch an denselben zu henken gedächte, er dies bald thun möchte. Nach ihm ist der Name T. für einen Menschenfeind sprüchwörtlich geworden. Über ihn schrieb im Alterthum Lukianos (s.d.) u. in neuester Zeit Binder (Über T. den Misanthropen, Ulm 1856). 2) Skeptischer Philosoph u. Dichter aus Phlius, geb. um 370 v. Chr.; früher hatte er sich der Tanzkunst befleißigt, später lehrte er zu Chalkedon Philosophie u. Beredtsamkeit; darauf ging er nach Theben u. zuletzt nach Athen, wo er um 280 starb; er schr.: Σίλλοι, ein philosophisches Lehrgedicht (daher er auch der Sillograph hieß), in welchem er die dogmatischen Philosophen mit skeptischen Argumenten bestritt; Fragmente seiner Schriften sammelte H. Stephanus in der Poesis philosophica, Par. 1573; Brunck in den Analecta II, 67 ff. III, 139, u. Jacobs in der Anthologia Palat; vgl. J. F. Langheinrich, De Timonis vita, doctrina et scriptis, Lpz. 1720, 21 u. 24. Er lehrte, daß alle Dinge ungewiß, unbestimmbar u. gleichgültig u. unsere Empfindungen u. Urtheile weder wahr, noch falsch wären, weshalb man ihnen nicht trauen dürfe, sondern ohne bestimmtes Urtheil sich des Bejahens u. Verneinens enthalten müsse, um zu der[602] unerschütterlichen Gemüthsruhe, als der einzigen Bedingung des Wohlseins zu gelangen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 602-603.
Lizenz:
Faksimiles:
602 | 603
Kategorien: