Bahnaufsicht

[369] Bahnaufsicht, Bahnbewachung, Bahndienst, Streckendienst (permanent way inspection, supervision of railway; surveillance de la voie; sorveglianza della via), die Überwachung der Bahn zur Sicherung. des Zugverkehrs, zur Abwehr von bahnpolizeilichen Übertretungen und Eingriffen in das Bahneigentum, zur Beseitigung von Fahrhindernissen sowie die Bedienung der Signal- und Blockeinrichtungen. Mit der Bahnüberwachung ist in der Regel die Ausführung kleiner Bahnunterhaltungsarbeiten verbunden. Diese Überwachung wird meist durch hierzu besonders bestelltes Personal (Bahn-, Schranken-, Strecken-, Weichen- und Blockwärter) ausgeübt. Auf einigen Bahnen ohne Wegübergänge in Schienenhöhe, bei Nebenbahnen ohne Wegschranken und auf manchen ausländischen Bahnen werden die Strecken zuweilen auch durch Arbeiter der Bahnunterhaltungsrotten untersucht.

Zu den Obliegenheiten des Bahnaufsichtspersonales zählen:

1. Das rechtzeitige Schließen und Öffnen der Wegeschranken, die Beleuchtung der Wegübergänge, Offenhalten der Spurrinnen daselbst, Abziehen des Staubes, Besprengen der Übergänge, bei Eisbildung das Bestreuen mit Salz, das Regeln des Ganges der Schranken, Ab leiten des Wassers von der Bahnkrone.

2. Die Untersuchung der Strecke zur Prüfung des Bahnzustandes durch Begehung, hierbei die möglichste Beseitigung betriebsgefährlicher Mängel und Hindernisse und, wenn dies nicht möglich, die Aussteckung der vorgeschriebenen Halte- oder Langsamfahrsignale, Abwehr und Anzeige von Eingriffen in das Bahneigentum sowie von bahnpolizeilichen Übertretungen und Bahnfreveln. Die Beobachtung des Bahnzustandes umfaßt insbesondere die Freihaltung der Umgrenzung des lichten Raumes, namentlich der Spurrinne, ferner die Untersuchung des Gleises in bezug auf Spurweite, Überhöhung, etwaige Einsenkungen, Frosthebungen, Verwerfungen, Schienenbrüche, Fehlen oder Lockerung der Schienenbefestigungs- und Verbindungsmittel, die Prüfung des baulichen Zustandes der Bauwerke, der Damm- und Einschnittböschungen, insbesondere der Felswände gegen Abrutschungen und Abstürze, die Beobachtung von eintretendem Hochwasser, von Eistreiben und Eisstopfungen, Wildwasseranschwellungen und endlich auch die Erhaltung der Grundeigentumsgrenzen durch regelmäßig wiederkehrende Begehungen.

3. Die Bedienung sämtlicher feststehenden Signale mit Laternen und der Blockanlagen, die Abgabe von regelmäßigen Handsignalen mit Scheiben, Fahnen und Laternen, Ab- und Weitergabe der Hör- und Handsignale an benachbarte Wärterposten und Arbeiterrotten, Auslegen von Knallsignalen bei außerordentlichen Fällen, Bedienung und Beobachtung[369] der elektrischen Läutewerke, Abgabe von Hilfssignalen mit den Zeichengeberscheiben dieser Läutewerke, Annahme des von den Nachbarstationen abgegebenen Gefahrsignales (Entlaufen von Wagen, alle Züge aufhalten), Verständigung der benachbarten Stationen und Bahnwärter durch Telephon über besondere Ereignisse (Bahnunterbrechungen, Steckenbleiben von Fuhrwerken auf Überwegen, Zugtrennungen, Unfällen u.s.w.), endlich die Weitergabe optischer Signale für den Zugverkehr.

4. Überwachung des Zugverkehrs während der Vorüberfahrt mit Bezug auf den Zustand der Fahrzeuge, etwaiger Unregelmäßigkeiten im Laufe der Züge, Beobachtung der Fahrt des Zuges auf dem richtigen Gleis bei zwei- oder mehrgleisigen Strecken, des Vorhandenseins der Zugspitzen- und Zugschlußsignale, Beobachtung weiterer an dem Zug etwa vorhandener oder vom Zugpersonal gegebener Signale, gegebenenfalls Stellen des Zuges und Decken liegenbleibender Züge.

5. Befördern von – namentlich den Zugverkehr betreffenden – schriftlichen Mitteilungen zur Verständigung der Wärter und des Arbeiterpersonals auf der Strecke.

6. Ausführen kleiner Bahnunterhaltungsarbeiten, Überwachung dieser und der hierbei beschäftigten Bahnarbeiter, Überwachen des Verkehrs der handbewegten Wagen, Anzünden von Einfahr- und Vorsignallaternen.

7. Überwachen der Telegraphen-, Telephon- und Signalleitungen, Beseitigen entdeckter Mängel, soweit es dem Bahnwärter mit seinen Hilfsmitteln möglich ist.

Bei Entstehung der Eisenbahnen war in den Ländern, in denen Wegübergänge in Schienenhöhe regelmäßig zugelassen wurden, aber der Zugverkehr und die Geschwindigkeit gering, die Zugfahrten auf die Tageszeit beschränkt und die Bahnen gegen die Umgebung durch Einfriedungen abgeschlossen waren, eine B. nur in geringem Maße erforderlich. Man begnügte sich, vor Einschnitten, Tunneln u.s.w., wo eine freie Übersicht nicht gewährleistet war, ferner an den Stationsenden Wächter aufzustellen, die mit Tafeln an Stangen den ankommenden Zügen die freie Fahrt anzuzeigen hatten.

Anders wurde es bei der allgemeinen Einführung der Eisenbahnen in den meisten Ländern des europäischen Festlandes. Nun wurden zahlreiche Überkreuzungen von Wegen in Schienenhöhe die Regel, weil die Aufwendungen für ihre schienenfreie Führung – sehr zu Unrecht – gescheut wurden. Dies bedingte auch bei der schon größeren Zahl und erheblicheren Geschwindigkeit der Züge eine Verständigung zwischen den benachbarten Stationen und das Vormelden der Züge mittels optischer Signale. Diese etwa bis zum Jahre 1850 mit Fahnen und Laternen gegebenen Handsignale erforderten zahlreiche Wärterposten, die zugleich zur Bedienung der Wegübergänge benutzt wurden.

Um das Jahr 1850 wurde die Signalgebung durch Einführung optischer Streckensignale an Masten verbessert. Die Weitergabe der optischen Signale erfordert große Aufmerksamkeit der Wärter; sie ist abhängig von der Witterung (Nebel, Schneetreiben) und daher nicht zuverläßlich. Sie bedingt, daß jeder Wärterposten die Signale der beiden Nachbarposten gut übersehen kann. Diese Bedingung mußte dazu führen, daß an unübersichtlichen Strecken zwischen die für die Schrankenbedienung und Bahnüberwachung erforderlichen Posten besondere Signalposten eingeschaltet wurden. Die Folge war daher eine kostspielige Häufung der Wärterposten, aber vielfach auch eine Aufstellung der Signale und Wärterposten an Stellen – namentlich auf Bergrücken, in den Tangentenschnittpunkten der Geraden, hoch über und fern von der Bahn – die für die Bedienung der Schranken und die Ausübung des Bahnaufsichtsdienstes Erschwerungen brachten und ein Eingreifen des Wärters zur Verhütung von Gefahren auf den Überwegen unmöglich machten. Diese Nachteile der optischen Signale veranlaßten, daß zunächst zur gleichzeitigen Verwendung akustischer Signale, nämlich zur Einführung der Hornsignale geschritten wurde. Aber auch dieses Verständigungsmittel erwies sich als unzureichend, zumal die Schallweite der Signalhörner weit geringer als die Sichtweite der optischen Signale ist.

Diese Arten des Vormeldens der Züge und das damit verbundene Erfordernis zahlreicher Wärterposten haben es verschuldet, daß vielfach die Wege nicht durch Über- oder Unterführungen über oder unter der Bahn hinweg, sondern in Schienenhöhe, das Gleis kreuzend, geführt worden sind. Um Wegüber- und -unterführungen zu vermeiden, sind die Wege häufig auch da, wo die schienenfreie Überkreuzung das Naturgemäße gewesen wäre, mit kostspieligen Rampen oder Umführungen zur Schienenhöhe hinauf oder unübersichtlich hinab geführt worden. Die optische Signalgebung hat ferner dazu geführt, daß zahlreiche Wegübergänge, auch solche mit starkem Verkehr, nicht unmittelbar besetzt wurden, sondern mit Fernzugschranken bedient wurden. Auch späterhin hat das Bestreben, dem Wärter den Ausblick auf eine möglichst weite Bahnstrecke[370] zu ermöglichen, es mit sich gebracht, den Wärterposten nicht an dem von ihm zu bedienenden Wegübergang anzuordnen.

Erst mit der Entwicklung der Elektrizität und Anwendung des elektrischen Stromes zur Telegraphie und zur Bewegung von Glockenläutewerken wurde ein allen Anforderungen des Betriebsdienstes entsprechendes Mittel der Signalgebung und Verständigung geschaffen. Noch vor Einführung des öffentlichen Telegraphenverkehrs wurden um das Jahr 1849 im Bahnbetrieb die ersten Störerschen Zeigertelegraphen neben den optischen Telegraphen eingeführt, nachdem schon 1837 auf der Linie Washington-Baltimore der Morseschreibapparat in Gebrauch genommen war. Bald nach Einführung der Zeigertelegraphen wurde der Morseschreibapparat neben dem Zeigerapparat auch im europäischen Bahnbetrieb in Benutzung genommen. In weiterem Fortschritt wurden um das Jahr 1866 die Läutewerkslinien, System Frischen, mit automatischem Zeichengeber und Vorrichtung zum Telegraphieren von der Strecke aus durch Einschaltung eines Morseapparates eingeführt. Nunmehr wurden die optischen Telegraphen abgeschafft oder nur vereinzelt noch kürzere Zeit als Deckungs- und Zugfolgesignale beibehalten.

Die Zunahme der Zahl und Geschwindigkeit der Züge, die häufige Einlegung von Bedarfs- und Sonderzügen, das Bedürfnis, die Bahn- und Schrankenwärter und Arbeiterrotten auf der Strecke zu verständigen und die Stationen von dem Beginn und der Beendigung von Gleisunterbrechungen zu unterrichten, hat um das Jahr 1895 dazugeführt, mit der Einführung von Bahnwärter- (Strecken-) Fernsprechlinien vorzugehen. Diese haben sich besonders auch im Verkehr von Kleinwagen (Draisinen) als sehr wohltätig erwiesen. Mit der Einführung der Streckenfernsprecher entfiel ferner in der Hauptsache die lästige Verständigung der Wärter durch Laufzettel oder, wie es zum Teil üblich war, durch die Bahnmeister oder Bauaufseher persönlich.

Die Einführung der elektrischen Signalgebung an Stelle der optischen hatte eine vollständige Umwälzung der Einrichtung des Bahnaufsichtsdienstes zur Folge. Die Wärterbezirke konnten nun – unabhängig vom Signaldienst – lediglich unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit eines Mannes namentlich in der Streckenbegehung und der Schrankenbedienung abgegrenzt werden. Um an Wegübergängen mit der geringsten Zahl von Wärterposten auszukommen, wurde unter Anwendung zahlreicher Zugschranken oft von Drahtzuglänge bis zu 1100 und 1300 m die Bedienung mehrerer – ausnahmsweise sogar bis zu fünf – Übergänge vereinigt, obgleich die Vereinigung von drei, höchstens vier Übergängen als zulässige Grenze gelten sollte. Hierbei waren die Wegübergänge vom Wärter nicht überall gut, vereinzelt gar nicht zu überblicken. Nach der für das Deutsche Reich geltenden Eisenbahn-Bau- und -Betriebsordnung vom 4. November 1904 müssen Zugschranken vom Standorte des Wärters aus übersehen werden können und sind, wenn der Standort mehr als 50 m entfernt ist, nur bei Übergängen mit schwächerem Verkehr zulässig. In anderen Staaten ist in den Vorschriften nicht besonders bestimmt, daß die Zugschranken vom Standpunkte des Wärters aus zu übersehen sein müssen. Überhaupt ist zu berücksichtigen, daß allgemein bei dichtem Nebel, Schneetreiben und bei Nacht der Überblick ohnehin nicht möglich ist. Als erheblicher Nachteil der Zugschranken kommt weiter in Betracht, daß der Wärter nicht in der Lage ist, jederzeit, namentlich bei besonderen Vorfällen – Steckenbleiben oder Niederbrechen eines Fuhrwerkes, Durchbrechen der Schranke u.s.w. – an der weit abgelegenen Überfahrt persönlich einzugreifen und einem der Überfahrt sich nähernden Zuge rechtzeitig das Haltesignal zu geben. So bleiben die schienengleichen Übergänge allgemein und insbesondere noch die auf größeren Abstand bedienten Überwege – in gesteigertem Maße infolge des neuzeitlichen Schnellverkehrs mit Kraftwagen und Krafträdern – für die Bahnbewachung ein Übel und eine Sorge, auch wegen der Begünstigung von Schneeverwehungen, Vereisungen, Frosthebungen, Schlaglöchern, Schienenbrüchen, beschleunigten Verschleißes der Bettung und des Oberbaues sowie der Erschwerung der Gleisunterhaltung und -überwachung.

Soweit es die Bedienung der meist sehr zahlreichen – bei den neueren Hauptbahnen nahezu vermiedenen – schienengleichen Wegübergänge gestattete, sind mit der Einführung der elektrischen Signalgebung zahlreiche Wärterposten eingezogen worden. Hierdurch ergab sich ein bedeutender wirtschaftlicher Erfolg. Solche Posteneinziehung wurde vielfach auch bei Waldwegübergängen durch Abschluß auf lange Zeitdauer und bei unbedeutenden Flurwegübergängen durch Abschluß mit Bedienung nur nach Bedarf am Tage (durch Angehörige des Inhabers des ehemaligen Wärterhauses) ermöglicht. Zahlreiche Flurwegübergänge wurden ferner in der Nachtzeit gesperrt, so daß sie nur am Tage zu bedienen waren. Bei manchen Bahnen bestehen auch geschlossene Übergänge, die von den wegberechtigten[371] Grundeigentümern geöffnet und geschlossen werden. Da aber diese Personen von Zugverspätungen, Fahrplanänderungen, Einlegung von Bedarfs- und Sonderzügen u.s.w. keine Kenntnis haben, so kann eine solche Anordnung nur in übersichtlichen, eingleisigen Strecken mit geringerer Zahl und Geschwindigkeit der Züge für zulässig erachtet werden.

Seit zwei Jahrzehnten sind die Bahnverwaltungen aus Erwägungen der Sicherheit und Wirtschaftlichkeit mehr und mehr damit vorgegangen, die lästigen, schienengleichen Wegübergänge durch Herstellung von Wegunter- und -überführungen und Längswegen, durch Erwerb des oft geringfügigen Grundeigentums, für das der Übergang dient, durch Abfindung der Wegberechtigten und Anlage neuer Wege zu beseitigen. Für diese Maßnahmen sprachen die stetige Steigerung der Zahl und der Geschwindigkeit der Züge und die Zunahme des Straßenverkehrs, insbesondere des neuzeitlichen Schnellverkehrs, wodurch sich die Belästigungen und Gefährdungen beider Verkehre stetig mehrten und es auch erforderlich wurde, den Schranken- und Streckenüberwachungsdienst auf den Hauptlinien zu trennen. Dazu trat in wirtschaftlicher Hinsicht die fortschreitende Einschränkung der Dienstzeit einerseits, die Erhöhung der Bezüge, Pensionen, Witwen- und Waisengelder und sonstigen sozialen Vorteile für die Wärter anderseits. Die sich sonach ergebende Steigerung des Personalaufwandes im Verein mit dem Vorteile der Erhöhung der Verkehrssicherheit lassen auf verkehrsreichen Linien die allmähliche Beseitigung der schienengleichen Übergänge als erstrebenswertes Ziel erscheinen. Dieses Bestreben hat sich daher schon bei einer größeren Zahl von Bahnverwaltungen Geltung verschafft, ebenso wie die Trennung des Schrankendienstes vom Bahnbewachungsdienst, die hauptsächlich eine Folge der Beseitigung der Wegübergänge ist. Diese Trennung bietet besonders dann wirtschaftliche Vorzüge, wenn die Zahl der täglichen Streckenuntersuchungen, von denen in der deutschen Eisenbahn-Bau- und -Betriebsordnung vom 4. November 1904 für Hauptbahnen drei und für Strecken mit geringerem Verkehr zwei vorgeschrieben sind, tunlich vermindert und, wenn der Hin- oder Rückweg bei der Streckenbegehung vom Wärter mit einem geeignet gelegenen Zuge zurückgelegt wird.

Den gehäuften, den Wärter ermüdenden und seine Aufmerksamkeit abstumpfenden Bahnbegehungen ist kein Wert beizumessen. Man ist daher hiervon mehr und mehr abgekommen. Wenn früher – Hin- und Rückweg für sich gerechnet – die Bahn zehn-, ja, zwölf mal begangen worden ist, so hatte dies damals wenigstens keine besonderen Ausgaben zur Folge, weil diese zahlreichen Begehungen von den in kurzen Raumabständen sich folgenden Schrankenwärterposten zwischen den Zugpausen erledigt werden konnten. Bei einwandfreiem Bahnzustand und zu Zeiten normaler Witterung besteht unter den geänderten Verhältnissen kein Anlaß, für häufige Begehungen erhebliche Kosten aufzuwenden. Die Zahl der regelmäßigen Streckenbegehungen wird abgestuft nach dem Maße der Bedeutung, die ihnen für die einzelnen Strecken zukommt, sie ist ferner abhängig von den baulichen und betrieblichen Verhältnissen, insbesondere dem Grade der Sicherheit gegen gefährdende bauliche Schäden, von der Geschwindigkeit, Stärke und Zahl der Züge. In den Fachkreisen wird auf Hauptbahnen mit günstigen Geländeverhältnissen, Geschwindigkeiten bis zu 75 km in der Stunde und mäßigem Verkehr eine zweimalige, bei Bahnen mit Geschwindigkeiten bis zu 50 km in der Stunde eine einmalige Begehung innerhalb 24 Stunden, bei Geschwindigkeiten bis zu 20 km eine Begehung in längeren Zwischenräumen für ausreichend erachtet; wo eine längere nächtliche Betriebsruhe besteht, ist ferner bei mehr als einmaligen Begehungen eine Verminderung um eine (nächtliche) zulässig. Darüber hinaus ist aber Vorsorge zu treffen, daß bei Eintritt von Naturereignissen – außergewöhnlichen Windstürmen und Niederschlägen, Wolkenbrüchen und Überschwemmungen, durch die das Umstürzen von Bäumen und Telegraphenstangen, Überfluten und Unterspülen des Bahndammes, das Erlöschen der Vor- und Einfahrsignale zu befürchten sind – sofort außerordentliche Streckenbegehungen und unter Umständen ständige Überwachungen an den besonders gefährdeten Stellen, eingerichtet werden. Eine häufigere Streckenuntersuchung kann auch im Winter bei Schneetreiben, zu Beginn des Frühjahres, wenn infolge wechselnder Nässe und Frostwirkung Frosthebungen zu befürchten sind, und bei trockener Witterung wegen der Gefahr des Entstehens von Wald- und Moorbränden durch den Funkenflug veranlaßt werden.

Den namentlich der Verhütung von Bahnfreveln dienenden nächtlichen Begehungen wird vielfach ein unbegründet hoher Wert beigelegt. Es trifft allerdings zu, daß Bahnfrevler zur Vornahme ihrer Anschläge vorzugsweise die Nacht wählen werden, weil sie sich vor einer Beobachtung bei Anlage des Fahrhindernisses in der Nacht für gesicherter halten und[372] weil das Lokomotivpersonal in der Dunkelheit die Unfahrbarkeit meist erst zu spät, bei unmittelbarer Annäherung an das Hindernis wahrnehmen kann. Die Übeltäter wissen aber, zumal sich unter ihnen nicht selten bestrafte oder entlassene Bahnbedienstete befinden, zur Verübung der Untat, die meist nur kurzen Zeitaufwand erfordert, die Stunden zwischen zwei Bahnbegehungen gut zu wählen, so daß mit den regelmäßigen Bahnbegehungen die Untat nur selten rechtzeitig verhindert werden wird. Dort, wo Schienen und Schwellen zu Gleisumbauten über die Strecke verteilt sind, empfiehlt es sich, bis zu deren Einbauen oder Abfahren eine besondere Streckenbewachung anzuordnen. Ein Mangel der nächtlichen Begehungen ist es, daß manche Schäden, wie Schienenbrüche, Schraubenlockerungen u. dgl., in der Dunkelheit sich dem Auge entziehen. Im ganzen kann den nächtlichen Begehungen kein vorzugsweiser Wert zukommen. Das gleiche gilt von der Forderung einer Begehung der Strecke vor dem ersten Zuge nach der nächtlichen Betriebspause.

Auf zweigleisigen Bahnen ist es nicht zweckmäßig, bei jeder Streckenuntersuchung beide Gleise für sich zu begehen. Es genügt, bei den Begehungen die Richtung des Streckenganges zu wechseln und jedesmal dem Gleis entgegen der Fahrrichtung die besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.

Für die Zahl der Wärterposten ist neben der Anzahl der täglichen Streckenbegehungen auch der Umfang der Streckenuntersuchung und die Frage bestimmend, inwieweit die mit dem Schrankendienst nicht befaßten Streckenwärter zu den Bahnunterhaltungsarbeiten herangezogen werden. Die Frage, ob dieses Personal unter Beschränkung der Überwachungsstrecke zu den Bahnunterhaltungsarbeiten herangezogen oder unter angemessener Ausdehnung der Strecken hiervon tunlichst entbunden werden soll, ist in erster Linie eine wirtschaftliche. Ihre Beantwortung hängt davon ab, ob es sich um eine Hauptbahn ersten oder zweiten Ranges, um eine Neben- oder Kleinbahn handelt, ob die Strecke viele, wenige oder keine mit Schranken versehene Wegübergänge besitzt, ob die B. überwiegend durch ständiges oder durch tageweis entlohntes Personal erfolgt. Dem Überwachungspersonal fällt in erster Linie die Aufgabe zu, vorgefundene betriebsgefährliche Mängel möglichst selbst oder unter Hinzuziehung von Rottenarbeitern zu beheben. Daneben wird das Überwachungspersonal in der durch diesen Dienst nicht beanspruchten Zeit zur Ausführung kleinerer Bahnunterhaltungsarbeiten verwendet werden. Darüber hinausgehend aber, lediglich zu Unterhaltungsarbeiten, das Wärterpersonal zu vermehren, ist namentlich auf Hauptbahnen durchaus unwirtschaftlich. Der einzelne Wärter kann außer gewissen, nicht an jedem Tage und zu jeder Zeit erforderlichen kleinen Arbeiten im allgemeinen keine nützlichen Unterhaltungsarbeiten leisten, weil für diese meistens mehrere Arbeiter erforderlich sind und der Wärter bei den Begehungen keine schweren Geräte mit sich führen kann. Es wird daher in der Aufsichtsstrecke in der Regel an nützlicher Beschäftigung fehlen, zumal für einen etatsmäßigen Wärter, den man nicht recht außerhalb seiner Strecke oder in der Arbeiterrotte beschäftigen kann. Die Arbeit des Wärters ist auch meist von geringem Wert, weil sie ohne Aufsicht ausgeführt wird und weil die Leistung eines einzelnen am Gleis Arbeitenden, durch die zu seiner Sicherheit gleichzeitig erforderliche Beobachtung des Zugverkehrs sehr herabgedrückt wird. Die kleineren Unterhaltungsarbeiten werden daher wirtschaftlicher, sachgemäßer und ohne Gefährdungen durch sog. fliegende Rotten von Arbeitern oder Arbeiterinnen unter der kundigen und sichernden Aufsicht eines Vorarbeiters (Rottenführers) erledigt.

Zur Verminderung des Aufwandes für die Bahnbewachung empfiehlt sich neben einem einwandfreien Bahnzustand und einem starken Oberbau auf guter Bettung, der auch den sich stets steigernden Beanspruchungen noch gewachsen ist, neben der Beschränkung der täglichen Streckenbegehungen und der Festsetzung der Zahl des Überwachungspersonals lediglich nach dem Erfordernis der B. auch die Trennung des Überwachungsdienstes vom Schrankendienst. Diese Trennung beider Dienste ist geboten, wenn die zur Schrankenbedienung erforderlichen Wärterposten wegen großen Abstandes oder dichten Zugverkehrs ebenso wie die Block- und Drehbrückenwärter nicht mehr in der Lage sind, die Streckenuntersuchungen jederzeit sicher und ohne Vernachlässigung des Schrankendienstes zu erledigen. Sie kann sich aber auch sonst empfehlen, wenn geeignete Züge für die Benutzung zum Hin- und Rückwege zur Verfügung stehen. Die Trennung ist insbesondere dort von Vorteil, wo sich zwischen Posten mit Schrankendienst ein oder mehrere ohne Schranken befinden, die daher die Begehungen der ganzen Strecke zwischen zwei Stationen übernehmen können.

Die Entbindung des Schrankenwärters von der Streckenbegehung bietet mannigfache Vorteile. Durch die stete Anwesenheit am Posten[373] ist er jederzeit in der Lage, Vorkommnisse auf den Übergängen, wie Steckenbleiben oder Niederbrechen eines Fuhrwerks sofort zu bemerken und durch rechtzeitiges Eingreifen oder Anhalten des Zuges die Gefahr abzuwenden. Die stete Anwesenheit des Schrankenwärters am Posten oder doch im Bereich des Fernsprecherklingelwerkes ermöglicht es ihm, die benachbarten Stationen und Schrankenwärter von der Wahrnehmung betriebsgefährlicher Vorgänge sofort durch den Fernsprecher zu unterrichten und in jedem Augenblick die Wärter und durch diese eine etwa in der Nähe befindliche Arbeiterrotte von der Einlegung von Bedarfszügen oder von außergewöhnlichen Ereignissen zu verständigen und zu den gebotenen Untersuchungen der Strecke und sonstigen Maßnahmen zu veranlassen. Ein weiterer Vorteil liegt in der Möglichkeit, zu dem körperlich nicht anstrengenden Schrankendienst ältere, dem Strecken- und Unterhaltungsdienst nicht mehr gewachsene Wärter und Bahnunterhaltungsarbeiter sowie Unfallrentner zu verwenden und die tägliche Dienstzeit im Schrankendienst – ausgenommen auf den Linien mit sehr dichter Zugfolge – auf das Höchstmaß von 14–15 Stunden im Tage festzusetzen. Bei solchen Maßnahmen kann auf Strecken mit zahlreichen Wegübergängen und zu deren Bedienung benötigten Wärterposten auch eine an sich nicht gebotene Diensttrennung wirtschaftlich sein.

Um einer Übermüdung der Streckenwärter vorzubeugen, ist bei den Begehungen an geeigneter Stelle – in der Bude eines Schrankenwärters oder in einer Station – eine Frühstücks- oder Mittagspause, letztere möglichst im eigenen Wärterhause, vorzusehen und, sofern die Begehungsstrecke mehr als einen Stationsabstand umfaßt, zwischen die Begehung der Teilstrecken (Stationsabstände) eine Zugbenutzung zu legen. Bei Sturm, Wind mit Regen und Schneegestöber wird es dem Wärter zu überlassen sein, die Wege in umgekehrter Richtung mit dem Winde zurückzulegen, wofür von vornherein ein zweiter Plan der Streckenbegehungen aufzustellen ist. Zuweilen kann im Winter durch Kürzung der Strecken oder Übertragung einer der täglichen Streckenbegehungen an einen vereidigten Arbeiter für den Wärter Diensterleichterung und für einzelne der ständigen Arbeiter, für die es im Winter meist an Arbeit fehlt, Beschäftigung geschaffen werden. Dadurch wird vermieden, daß bei Bemessung der Länge der Aufsichtsstrecken auf die größere Anstrengung bei den Begehungen während der Zeit der Schneefälle Rücksicht genommen werden muß.

Zur Vermeidung unnötiger Wege und zur Vergrößerung der Aufsicht ist es zweckmäßig, dem Streckenwärter Wohnung, an der Bahn, tunlich in der Mitte der von zwei Stationen begrenzten Aufsichtsstrecke anzuweisen.

Die Ausdehnung der von einem Streckenwärter in einer Dienstschicht innerhalb 24 Stunden zurückzulegenden Wege ist je nach den klimatischen und baulichen Verhältnissen der Strecke – rauhe Steinschlagbettung, ein- oder zweigleisige Bahn, steile Felswände und Lehnen, Güte des Oberbaues u.s.w. – zu bestimmen, soll jedoch 15–20 km nicht übersteigen. Kann bei der Einteilung der Begehungsstrecken die Dienstschicht eines Wärters (einfacher Posten) oder zweier Wärter (Doppelposten) nicht voll ausgenutzt werden, so ist es wirtschaftlich, an Stelle eines Doppelpostens einen einfach besetzten Posten vorzusehen und eine der täglichen Streckenbegehungen – ohne Unterhaltungsarbeit – einem vereidigten Arbeiter zu übertragen. Dies trifft bei dreimaliger Streckenuntersuchung am Tage und sonst erforderlichem Doppelposten bei einer Aufsichtsstrecke zwischen 6, 5 und 9 km, für einen aufzustellenden einfachen Posten etwa bis zu 5 km Streckenlänge zu. Es ist anzustreben kurze Strecken mit einer angrenzenden zu vereinigen, so daß die Länge der Aufsichtsstrecke annähernd 9 km umfaßt. Der etatsmäßige Wärter hat dann die Strecke zweimal am Tage zu untersuchen und hierbei die kleineren Unterhaltungsarbeiten vorzunehmen, während die dritte einfache Untersuchung des Bahnzustandes von einem in der übrigen Arbeitszeit in der Rotte verwendeten, vereidigten Arbeiter vollzogen wird. Diese Begehung kann von dem Arbeiter oder auch Rottenführer bei dem Gang zu und von der Arbeit oder auch zwischen dieser erledigt werden.

Die Überwachung der Streckenbegehungen geschieht bei vereinigtem Dienst durch das Austragen und Aufstecken der mit Nummern versehenen sog. Wärterkontrolltafeln an den beiden Grenzen der Aufsichtsstrecke entweder nach dem Verfahren des Verbleibens der Tafeln in der Aufsichtsstrecke oder des Durchlaufes der Tafeln durch mehrere Wärterstrecken, bei dem getrennten, stets einen oder mehrere Stationsabstände umfassenden Dienst dagegen durch die Stationen, bei denen der Streckenwärter Antritt und Beendigung jeder Begehung in ein Kontrollbuch einzutragen hat. Eine weitere Überwachung kann dadurch geschaffen werden, daß sich der Wärter bei der Station durch Anrufen mittels des Fernsprechers von einer auf der Strecke befindlichen Telephonbude aus zu melden hat und zu bestimmten[374] Zeiten auf seinem Posten von der Station angerufen wird (Probeanruf).

Im Schrankendienste hat sich die Heranziehung der Familienangehörigen (Frauen und Töchter) – unter eigener Verantwortlichkeit – überall gut bewährt. Die weiblichen Bediensteten zeichnen sich vielfach durch Gewissenhaftigkeit, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Nüchternheit vor den Männern aus.

Die Zulassung der weiblichen Familienangehörigen erleichtert die Diensteinteilung wesentlich; sie läßt sich wirtschaftlicher durchführen und gestattet eine Verringerung der Ablösewärter. Die Entlohnung des Familienangehörigen für die Schrankenbedienung liefert einen erwünschten Zuschuß zum Haushalt der Wärterfamilie, erhöht mit dem gesteigerten Interesse deren Zufriedenheit und macht solche Posten begehrenswert. Voraussetzungen für die Dienstübertragung an Angehörige sind Großjährigkeit, körperliche und geistige Eignung, Kenntnis der Dienst- und sonstigen einschlägigen Vorschriften, die Vereidigung und Gewähr, daß der Dienst nicht durch die häuslichen Geschäfte nachteilig beeinträchtigt wird. Vom Bewachungs- und Signaldienst bleiben die Schrankenwärterinnen bei den meisten Bahnen ausgeschlossen; doch haben die Verwaltungen, die Frauen im Blockdienst verwenden, auch hiermit günstige Erfahrungen gemacht. Zu den Streckenbegehungen werden weibliche Bedienstete nirgend herangezogen. Ihre Dienstzeit wird auf Strecken mit sehr starkem Verkehr nicht über 8 Stunden, bei geringem Verkehr bis zu 15 Stunden ausgedehnt. Viele Verwaltungen schließen die Frauen grundsätzlich vom Nachtdienst aus, was die Diensteinteilung sehr erschwert. Dort, wo die Frauen seit Jahrzehnten auch Nachtdienst tun, hat dies zu keinen Anständen Veranlassung gegeben. Bedingung ist nur, wie überhaupt für den Schrankendienst der Frauen, daß das Wärterhaus sich in unmittelbarer Nähe des Postens befindet. Manche Verwaltungen schließen die Frauen vom Dienste an besonders verkehrsreichen Straßenübergängen aus, weil sie die Frauen für eine tatkräftige Handhabung der Bahnpolizei nicht geeignet halten. Diese Anschauung ist aber bestritten. Gebotenenfalls, wie stets bei Eintritt außergewöhnlicher Ereignisse, hat der Wärter den Dienst zu übernehmen.

Wie es nicht wirtschaftlich ist, das ständige Bahnüberwachungspersonal nach dem Erfordernis besonders ungünstiger Witterungsverhältnisse (Schneewehen u. dgl.) zu bemessen, ebensowenig empfiehlt es sich, das Personal nach gewissen vorübergehenden ungünstigen Verhältnissen zu bestimmen, wie Lawinengefahr, Wasseranschwellungen, überlasteten Wegübergängen bei Festen, Rennen, Jahrmärkten u. dgl. Hier sind vielmehr nur von Fall zu Fall vorübergehend Maßnahmen zu treffen.

Wenn der Bahnzustand besondere Überwachung erfordert, wie z.B. in den ersten Zeiten einer neuen Strecke in ungünstigem, wasserdurchzogenem, lehmigem und lettigem Gelände, so ist es meist wirtschaftlicher, zur Festigung des Bahnkörpers erheblichere Aufwendungen zu machen.

Früher war vielfach vorgeschrieben, daß der Wärter bei der Vorüberfahrt des Zuges seinen Standort rechts vom Zuge zu nehmen hat. Hierbei mußte der Wärter je nach der Zugrichtung das Gleis oder die Gleise überschreiten, was zu Unfällen geführt hat. Diese Vorschrift besteht daher wohl bei keiner Bahn mehr. Um das Überschreiten der Gleise auch für den Schrankenwärter zu vermeiden, werden als Schranken gekuppelte Schlagschranken verwendet, die von der Seite des Wärterhauses aus bedient werden. Es hat sich jetzt der Wärter im vereinigten und ausschließlichen Schrankendienst sowie im Signal- (Block-) Dienst an dem ihm von seinem Vorgesetzten bezeichneten Platz so aufzustellen, daß ihn die Lokomotivmannschaft auf tunlichst große Entfernung wahrnehmen und er selbst den Zug möglichst lang beobachten kann. Die Streckenwärter haben in der Regel keinen bestimmten, während des Zugsverkehrs einzunehmenden Standpunkt, sie haben aber dem vorüberfahrenden Zug und dessen Mannschaft die Aufmerksamkeit zuzuwenden und sich hierbei so aufzustellen, daß sie von dieser wahrgenommen werden können.

Die Diensteinteilung hat sich nach den verschiedenen erörterten Gesichtspunkten und den für die Bemessung der täglichen Dienstzeit – des Nachtdienstes, der erforderlichen Dienstruhe und der freien Zeit für den Kirchgang – bestehenden Vorschriften der Verwaltung zu richten. Als oberste Grenze der Dauer der täglichen Dienstschicht gelten jetzt 15 Stunden. Diese Dienstdauer ist im ausschließlichen Schrankendienst üblich; eine Kürzung auf 13–14 Stunden ist nur bei dichter Zugfolge üblich. Eine 13–14stündige Dienstdauer ist auch im vereinigten Dienst angezeigt, sofern der Zugverkehr nicht sehr dicht ist. Auf sehr verkehrsreichen Linien, zumal mit Block- oder Drehbrückendienste, rechtfertigt sich die Doppelbesetzung mit abwechselnder 9- oder 12stündiger Dienstschicht. Der früher im vereinigten Dienst übliche sog. Dreimännerdienst – 1 Ablöser auf je 2 Posten mit je einem Wärter – ist nur bei Ausdehnung der[375] Dienstschicht auf 16 Stunden durchführbar und dabei, um die Vorschrift über möglichst gleichen Wechsel von Tag- und Nachtdienst zu wahren, auch nur, wenn mindestens wöchentlich die Person des Ablösers gewechselt wird.

Im ausschließlichen Schrankendienst läßt sich unter Zuziehung der Familienangehörigen der Wärterdienst sehr leicht ordnen, wenn die Dienstschicht der Frauen auf 9–10 Stunden und auch auf die Nacht erstreckt werden darf. Dann ist ein Ablöser nur zur Gewinnung der freien Tage nötig. Im vereinigten Dienste dagegen wird, sofern nicht eine nächtliche Betriebsruhe gegeben ist, neben dem beschränkten Dienst der Familienangehörigen meist ein täglicher Ablöser erforderlich, der jedoch für 2 oder auch 3 Posten die Ablösung bewirken kann. An freien Tagen werden den Wärtern gewöhnlich, je nachdem der Dienst ein leichter oder schwerer ist, in der Regel monatlich 2 oder 3 bewilligt, u. zw. früher in der Dauer von 24, jetzt meist von 32 Stunden. Diese freien Tage werden gleichzeitig zum Wechsel von Tag- und Nachtdienst benutzt. Von Nachtschichten sollen fortlaufend höchstens sieben aufeinanderfolgen. Der Wechsel von Tag- und Nachtdienst kann bei doppelter Besetzung des Postens auch durch den Wechsel 9- und 12stündiger Dienstschichten bewirkt werden. Mindestens zweimal im Monat soll Sonntags Gelegenheit zum Besuch des vormittägigen Hauptgottesdienstes nach vorausgegangener Nachtruhe gegeben sein. Am einfachsten und wirtschaftlichsten lassen sich diese Bedingungen bei dem Streckenwärterdienst, sowie im Schranken- und vereinigten Dienst unter Zuziehung der Familienangehörigen erfüllen. Da an Sonn- und Feiertagen Bahnunterhaltungsarbeiten – abgesehen von unverschieblichen – nicht zu leisten sind, so läßt sich für die Streckenwärter an diesen Tagen durch Einschränkung der Dauer der Streckengänge die freie Zeit für den Besuch des Gottesdienstes leicht gewinnen. Wenn Flurwegübergänge an Sonn- und Feiertagen zur Zeit des Hauptgottesdienstes, etwa bei Anordnung eines Drehkreuzes neben der Schranke, geschlossen gehalten werden können, so kann hierdurch auf einzelnen Posten eine Ablösung zum Kirchenbesuch für die Wärter- und Familienangehörigen vermieden werden. Um eine Abstumpfung und Übermüdung im Schranken- und im Streckenuntersuchungsdienste zu verhindern, sind von manchen Verwaltungen beide Dienste in der Weise verbunden worden, daß zwischen beiden ein Wechsel stattfindet. Hierbei lösen sich die Streckenwärter namentlich in der Nachtzeit innerhalb einer längeren Strecke, im Streckengange und Schrankendienste gegenseitig ab; u. zw. übernimmt der bei der Streckenbegehung am Schrankenwärterposten ankommende Wärter hier den Schrankendienst für mehrere Stunden, der im Schrankendienst abgelöste Wärter setzt die Streckenbegehung fort, löst einen der folgenden Schrankenwärter ab und so weiter; der letzte Wärter am Ende der zusammengefaßten Strecke kehrt sofort zu seinem Posten um und es folgen sich nunmehr die Ablösungen in der Streckenbegehung und dem Schrankendienst in umgekehrter Richtung, so daß jeder Wärter an seinen Posten zurückkehrt. Diese Dienstordnung, die als staffelförmige Ablösung bezeichnet wird, hat aber die Nachteile längerer Abwesenheit des Wärters vom Posten, enger Gebundenheit und des Ausschlusses von Invaliden und Frauen von den betreffenden Posten.

Aus den Erörterungen ist ersichtlich, daß die verschiedenen örtlichen und dienstlichen Anforderungen und Vorschriften zu ganz abweichenden Gestaltungen der Diensteinteilungen führen müssen. Es darf daher davon abgesehen werden, Muster von Diensteinteilungen zu geben.

Auf Nebenbahnen untergeordneter Bedeutung gibt es bei dem geringen Zugverkehr und der mäßigeren Fahrgeschwindigkeit, die Schranken im allgemeinen nicht erfordert, kein Bahnaufsichtspersonal in dem bisher erörterten Sinne. Hier werden Schrankenwärter nur ganz ausnahmsweise an besonders verkehrsreichen Übergängen, namentlich wenn sie zugleich unübersichtlich sind, aufgestellt. Die Prüfung des Bahnzustandes wird meist von den die Unterhaltungsarbeiten ausführenden Arbeiterrotten oder von Streckenläufern, die daneben bei den Bahnunterhaltungsarbeiten beschäftigt werden, besorgt. Ihnen werden größere Streckenabschnitte bis zu 16 km zugewiesen. Zur Zeit der Ruhe der Bahnunterhaltungsarbeiten werden die Begehungen ausschließlich vom Vorarbeiter (Rottenführer) ausgeführt.

Eine besondere Art der Bahnaufsicht bildet der schon erwähnte Blockwärterdienst. In der Regel begrenzen, bei dem jetzt fast allgemein üblichen Fahren in Raumabständen, die Stationen mit ihren Einfahrsignalen die Streckenabschnitte, in denen zur Wahrung der Fahrsicherheit sich nur ein Zug befinden darf. Sind einzelne Stationsabstände sehr groß oder die Zugfolge dicht, so werden zwischen den Stationen Signalposten eingeschaltet. Eine ausreichende Sicherheit gewähren diese allein jedoch nicht. Hierzu ist noch die sog. Blockierung erforderlich, das ist die Festlegung[376] des Einfahrsignals für den Streckenabschnitt unter Verschluß des folgenden Postens. Dieser kann das Signal erst freigeben, wenn der vorausgegangene Zug den Streckenabschnitt verlassen hat und sich unter Deckung des auf »Halt« gestellten Signals befindet. Zum Zwecke der Sicherung und beschleunigten Zugfolge werden so auf zweigleisigen Bahnen Streckenabschnitte gebildet, die einerseits den Bereich der Bahnhöfe zwischen den Einfahrsignalen (Stations- und Endblock), anderseits Abschnitte der freien Strecke (Streckenblock) – meist von mindestens 2–3 km Länge umfassen. Auf der freien Strecke obliegt die Bedienung der Blockeinrichtung den Blockwärtern, in den Bahnhöfen den Weichenwärtern, Stellwerkswärtern oder dem Stationspersonal.

Die Verständigung sämtlicher Wärter über den Zugverkehr erfolgt:

a) Durch Ausgabe eines Auszuges der jeweiligen Fahrordnung der Züge, enthaltend die Abfahrt und Ankunft der Züge auf den benachbarten Stationen und die Zeiten der Vorüberfahrt am Posten. Hierbei sind die regelmäßig verkehrenden und die Bedarfszüge besonders zu bezeichnen.

b) Durch von Fall zu Fall schriftliche oder telephonische Bekanntgabe der Bedarfszüge, der nicht regelmäßig verkehrenden Vor- und Nachzüge und außergewöhnlicher Fahrten (Sonderzüge, Ferienzüge, Lokomotivfahrten, Hilfszüge) oder durch Signale an den Zügen, wenn vorherige Verständigung nicht mehr möglich ist.

c) Die unmittelbare Abfahrt oder Durchfahrt in einer Station wird, wenn auf der Linie schienengleiche Wegübergänge vorhanden sind, durch eine Reihe von Glockenschlägen an den elektrischen Läutewerken angekündigt. Sind Wegübergänge in Schienenhöhe nicht vorhanden, so bedarf es, wenn die Strecke mit Fernsprechern ausgerüstet ist, der Einrichtung der elektrischen Streckenläutewerke nicht. Auch Horn- und optische Signale dienen dem gleichen Zweck.

Die Wärter werden in bezug auf die Ausübung ihrer Obliegenheiten durch das technische Personal, nämlich den Vorstand der Bahnerhaltungssektion oder des Eisenbahnbetriebsamtes, durch den Regierungs- und Baurat, Regierungsbaumeister, Betriebsinspektor, Abteilungsbaumeister, Streckenbaumeister, Streckeningenieur, Betriebsingenieur und besonders die Bahnmeister (Bauaufseher) überwacht. Letztere sind verpflichtet, zeitweise durch nächtliche Streckenbegehungen und Bereisungen die Wärter zu überwachen. Dies haben, soweit tunlich, auch das Zugbegleitungspersonal und die Kontrolleure und Beamten der Bahnerhaltungssektionen (Betriebsämter) zu tun. Wahrgenommene Verfehlungen der Wärter haben sie der vorgesetzten Stelle anzuzeigen.

Um die Ausführung der Streckenuntersuchungen zu überwachen, sind im vereinigten Strecken- und Schrankendienst, sofern die Streckengänge des Wärters nicht auf den ganzen Stationsabstand ausgedehnt sind, bei vielen Bahnen Kontrolltafeln im Gebrauch. Hierbei ist jeder Wärterposten für jede Begehung mit je zwei gleichen Tafeln versehen, die die Begehungsnummer und die Nummer des Postens enthalten und durch die Farbe von der Tafel der Nachbarstrecke sich unterscheiden. Nun werden die Züge bestimmt, vor deren Eintreffen die Tafel mit der betreffenden Begehungsnummer an den am Endpunkt der Aufsichtsstrecke befindlichen Kontrollpflöcken aufgehängt sein muß, während die übrigen Tafeln geordnet am Wärterhaus an der der Bahn zugewendeten Seite sichtbar aufgehängt sein müssen. Eine zweite Prüfung, die mehr Sicherheit bietet, gründet sich auf das Umlaufen von Tafeln mit fortlaufenden Nummern durch eine Gruppe von Wärterposten. Da hierbei die Ordnung über den Umlauf der Tafeln bekannt ist, so wird jede Versäumnis durch Fehlen einer Tafel ersichtlich, und da dem Wärter, der auf denjenigen, der den Fehler begangen hat, folgt, Ungelegenheiten bereitet werden, so wird die Entdeckung versäumter Begehungen wesentlich erleichtert. Allerdings kann nicht verhindert werden, daß die Tafeln durch unbefugte Personen (Kinder, Frauen, Arbeiter) ausgetragen und zurückgeholt werden.

Wie die Weichen- und Stellwerkswärter innerhalb der Bahnhöfe den Bahnzustand zu untersuchen haben, so hat der in einem Bahnhof postierte Schrankenwärter neben seinem eigentlichen Dienst nach Anordnung noch beim Güterverladen, Wagenschieben, Lampenputzen und im Stationsdienst Hilfe zu leisten. Der Streckenwärter kann während des Aufenthalts der von ihm benutzten Züge in den Stationen zur Hilfeleistung beim Auf- und Abladen von Stückgütern und während der Fahrt zum Dienst als Hilfsbremser herangezogen werden.

Bei gefahrdrohenden Witterungsverhältnissen, wenn das Bedürfnis einer Streckenuntersuchung gemeldet ist, wenn ein Teil der Zugladung voraussichtlich heruntergefallen ist, oder der Zug infolge Entgleisens einer Achse das Gleis, Brücken u.s.w. beschädigt hat oder ähnliches zu vermuten ist, hat der Wärter auch[377] außerhalb der regelmäßigen Begehungen seine Strecke zu untersuchen und sich, wenn nötig, im Schrankendienste durch eine von ihm zu unterrichtende, geeignete Person vertreten zu lassen. Auf Steilrampen hat der Wärter bei leichtem Regen, Nebel und Glatteis die Schienen vor Eintreffen schwerbelasteter Züge mit feinem Sand zu bestreuen, damit die Triebräder der Lokomotiven nicht schleudern. Fundgegenstände hat er nach Vorschrift abzuliefern.

Vgl. besonders Bahnwärter, Schrankenwärter, Bahnmeister, Rottenführer und Bahnunterhaltung.

Literatur: Schilling, Trennung des Bahnbewachungs- und Schrankendienstes. Organ f. Fortschr. d. Eisenbahnwesens. 1881, S. 1; Ausrüstung der Bahnwärter. Zentralblatt der Bauverwaltung, Berlin. 1890, S. 362. – R. Luders, Streckenwärterüberwachungsvorschriften. Organ f. Fortschr. d. Eisenbahnwesens. 1892, S. 133. – Blum, Selbsttätige Eisenbahnschranken. Deutsche Bauzeitung. 1896, S. 657, 1897, S. 15, 50 u. 183. – Weikard, Selbsttätige Eisenbahnschranken. Deutsche Bauzeitung. 1897, S. 28. – Demay, Selbsttätige Eisenbahnschranken. Deutsche Bauzeitung. 1897, S. 119. – Wegner, Bahnwärterüberwachung durch Zählwerke und Uhren. Organ f. Fortschr. d. Eisenbahnwesens. 1904, S. 53. – Rehbein, Trennung des Schrankendienstes vom übrigen Bahnbewachungsdienst. Organ f. Fortschr. d. Eisenbahnwesens. 1895, S. 71. – Weikard, Wegunter- und -überführungen und Vereinfachung des Bahnunterhaltungs- (Überwachungs-) Dienstes. Organ f. Fortschr. d. Eisenbahnwesens. 1903, S. 118; Trennung des Schrankendienstes von der Streckenbewachung durch staffelförmige Ablösung. Ztg. d. Vereins Deutsch. Eis.-Verw. 1903, S. 477 u. 1033; Trennung des Schrankendienstes von der Streckenbewachung durch Einstellung von Streckenwärtern. Ztg. d. Vereins Deutsch. Eis.-Verw. 1903, S. 1261. – Schilling, Bahnbewachung auf verkehrsreichen Strecken. Organ f. Fortschr. d. Eisenbahnwesens. 1905, S. 280; Trennung des Schrankendienstes vorn Streckendienst. Ztg. d. Vereins Deutsch. Eis.-Verw. 1908, S. 1567. – Die Vereinfachung des Bahnüberwachungsdienstes. Bericht an die Technikerversammlung des Vereins Deutscher Eis.-Verw. zu Oldenburg 1909.

v. Weikard.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 369-378.
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