Dieses Wort bedeutet im Grund jeden aus drey verschiedenen Intervallen bestehenden Accord; aber der Gebrauch hat es nur auf diejenigen Accorde eingeschränkt, in denen die drey vornehmsten consonirenden Intervalle, die Terz, die Quinte und die Octave vorkommen. Einige nennen diesen Accord den harmonischen Dreyklang; aber auch ohne dieses Beywort bezeichnet man insgemein den aus bemeldten drey Hauptconsonanzen bestehenden Accord, blos mit dem Namen Dreyklang.
Dieser Dreyklang ist von dreyerley Art; a der große1 oder harte, da der Octav und der reinen Quinte die große Terz beygefügt wird; b der kleine oder weiche, in dem bey jenen Intervallen die kleine Terz steht, und c der verminderte, in welchem zu der Octav und der kleinen Terz die kleine Quinte genommen wird.
Der erste bestimmt die große oder harte Tonart2, der zweyte die kleine oder weiche, der dritte aber bestimmt keine besondere Tonart, weil er keine ihm zugehörige besondere diatonische Tonleiter hat, wie die beyden andern. Er würde seine besondere Tonleiter haben, wenn man in den diatonischen Tonleitern der sieben Haupttöne, die noch fehlende Consonanz 6:7. oder die kleinste Terz einführen wollte. Es ist schon im Artikel ⇒ Consonanz angemerkt worden, daß diese kleineste Terz von den besten unter den neuen Harmonisten für eine Consonanz gehalten [278] werde. Hätte man sie noch in das System aufgenommen, so würde zwischen A und B noch eine Sayte hineingekommen seyn, die wir mit bB bezeichnen wollen; sie würde gegen G eine verminderte Terz ausgemacht haben, wie in dem Noten-System, das im Artikel Consonanz3 steht, zu sehen ist. Alsdenn wäre der Accord E, G, bB, der verminderte Dreyklang. Diesem Dreyklang kommt in unsrer diatonischen Tonleiter jeder Dreyklang auf der Septime der harten Tonarten und auf der Secunde der weichen, sehr nahe. Daher der Accord H, d, f, würklich für den verminderten Dreyklang zu halten ist, weil die Terz d - f, 27/32 von der verminderten Terz 6/7 nur um 1/64 unterschieden ist. Da aber von diesem Dreyklang in einem besondern Artikel gesprochen wird4, so sind hier nur die beyden erstern in Betrachtung zu ziehen.
Einige Tonlehrer halten alle Accorde, deren Intervalle die Namen der Terzen und Quinten tragen, für harmonische Dreyklänge: nach ihrer Meinung wäre also auch der Accord C. E - Gis ein Dreyklang. Da aber die übermäßige Quinte C - Gis offenbar dissonirt, so kann man dergleichen Accorde keinesweges zu den Dreyklängen rechnen. Denn wenn es auf die Namen oder auf das Linien-System ankäme, so müßte man auch folgende und noch andre dergleichen Accorde
für Dreyklänge halten.
Es geht auch nicht an, die kleine Quinte, ob sie gleich in dem verminderten Dreyklang mit der kleinen Terz consonirend ist, mit der großen Terz in einen Dreyklang zu verbinden.
Die eine oder andre dieser über einander liegenden Terzen ist immer aus einer andern Tonleiter, als die, aus welcher man spielt. So gehört in dem angeführten Accord der Ton Dis zu E dur, in welcher Tonart der Ton F nicht statt hat. Dieses fühlen alle geübte Spieler, die deßwegen, so ofte die große Terz zufällig über der Baßnote steht, allemal die reine Quinte dazu nehmen, wenn sie gleich durch kein Zeichen dazu eingeladen werden. Wo dieser Gang vorkommt
da nimmt jeder geübte Spieler die rechte Quinte, als wenn der Baß also bezeichnet wäre.
Also giebt es außer den drey angezeigten Arten des Dreyklanges keine andre, die man für consonirend halten könnte.
Es ist schon an einem andern Ort5 angemerkt worden, daß unter allen dreystimmigen Accorden der Dreyklang die vollkommenste Harmonie habe. Daraus folget, daß in der großen Tonart die größte Befriedigung des Gehöres im großen Dreyklang, in der weichen Tonart aber im weichen Dreyklang zu finden sey. Hieraus läßt sich der Gebrauch des Dreyklanges bestimmen.
Er schiket sich 1) beym Anfang eines jeden Tonstüks, und zwar auf der Tonica desselben; denn dadurch wird das Gehör sogleich von dem Hauptton und der Tonart des Stüks eingenommen, weil man nicht nur die drey wesentlichsten Töne desselben würklich höret, sondern auch undeutlich von jedem Ton die Quinte vernimmt, wodurch schon fünf Töne der ganzen Tonleiter dem Gehör eingeprägt werden. 2) Beym Ende des Stüks; weil auf dieser Harmonie die größte Ruhe ist, folglich das Gehör beym Eintritt des Dreyklanges so befriediget wird, daß es weiter nichts zu vernehmen verlangt. 3) Beym Anfang einer neuen Periode, wenn man in einen Nebenton ausgewichen ist; damit die Tonleiter dieses Tones dem Gehör eingeprägt werde, und 4) beym Schluß eines Hauptabschnitts; weil durch die Ruhe, die das Ohr im Dreyklang empfindet, das End eines solchen Abschnitts dadurch fühlbar wird.
Der Dreyklang hat nicht nothwendig alle seine drey Consonanzen bey sich; die Terz allein ist ihm unentbehrlich, weil sie die Tonart bestimmt, von den beyden andern Intervallen kann eines weggelassen, und dafür ein anders verdoppelt werden. Dieses wird so gar bisweilen zu Vermeidung der auf einander folgenden verbotenen Quinten und Oktaven nothwendig. Demnach erscheinet der Dreyklang bisweilen ohne Quinte mit zwey Terzen d,6 [279] oder mit zwey Octaven e; oder ohne Octave mit verdoppelter Terz f, oder mit verdoppelter Quinte g.
Es ist aber bey besondern Fällen keinesweges gleichgültig, welches von den Intervallen soll verdoppelt werden. Man hat dabey Behutsamkeit nöthig, um nicht auf verbotene Fortschreitungen zu fallen. So kann man die große Terz auf der Dominante des Tones, darin man ist, nicht verdoppeln. Denn da sie das subsemitonium des Tones ist, der im nächsten Accord angeschlagen wird, folglich über sich treten muß, so würden durch diese Verdoppelung verbotene Octaven entstehen, wie an diesem Beyspiel deutlich zu sehen ist.
Aus eben diesem Grunde geht es selten an, daß eine zufällig vorkommende grosse Terz, welche über dem Baß mit angedeutet wird, kann verdoppelt werden; denn diese zufällig eintretende Terz ist das subsemitonium eines neuen Tones, in den man ausweichen will, und würde also durch ihre Verdoppelung die schon erwähnte verbotene Fortschreitung verursachen.
Der Dreyklang leidet eine doppelte Verwechslung; denn man kann, ohne daß er seine consonirende Harmonie verlieret, sowol die Terz, als die Quinte desselben in den Baß setzen. Im ersten Fall entstehen die Sextenaccorde h, i, k.7 und im andern die consonirenden Quart- Sextenaccorde. l, m, n.
Von dem Gebrauch dieser Accorde wird in ihren besondern Artikeln gesprochen.
Da der Dreyklang eine befriedigende Harmonie empfinden läßt, so wird das Gehör von ihm auf nichts anders geleitet, folglich kann man von dem Dreyklang ohne Behutsamkeit auf andre Accorde fortschreiten. Schreitet man aber von einem Dreyklang auf einen andern fort, so ist es eben so viel, als wenn man lauter Schlüsse oder Cadenzen machte, wenn man gleich immer in demselben Ton bleibet, weil auf jedem Accord ein Ruhepunkt ist. Solche Folgen von Schlüssen kann man erhalten, wenn man durch Quarten und Quinten heraufsteigt oder fällt. Als:
Allein dergleichen Fortschreitungen können selten nützlich seyn, weil sie gar zu einförmig sind. Man kann aber um die Ruhepunkte nicht allzu merklich zu machen, auch Terzenweise zurük gehen. Denn folgende Fortschreitungen sind gut:
Wenn man nun einen Accord von fallender Terz überspringt, so kann folgende Fortschreitung entstehen.
Auf diese Weise kann man mit Accorden bisweilen Stufenweise in die Höhe kommen.
Mit zwey hintereinander folgenden Accorden um eine grosse Terz zu steigen, hat für das Gehör etwas hartes. Hierüber aber, so wie von der Fortschreitung in einerley Ton überhaupt, wird an einem andern Orte gesprochen.8
Tabelle der Dreyklänge,
und aller daher entstehenden
consonirenden Accorde.
Sulzer-1771: Verminderter Dreyklang
Buchempfehlung
Libretto zu der Oper von Anton Schweitzer, die 1773 in Weimar uraufgeführt wurde.
38 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro