Gefährte

[438] Gefährte. (Musik)

Ist in der Fuge ein kurzer melodischer Satz, der den Hauptsatz, so ofte dieser gesungen oder wiederholt worden, in einer andern Stimm, und (nach alter Art zu sprechen) in einer andern Tonart wiederholt oder nachahmet.1 Also tritt der Gefährte allemal am Ende des Führers ein, und hat seinen Gesang in der plagalischen Tonart, wenn der Führer die authentische hat, und umgekehrt.

Es ist im Artikel Fuge angemerkt worden, daß der Gefährte dem Führer so ähnlich seyn müsse, als es sich ohne den Ton zu verletzen thun läßt. Eine völlige Aehnlichkeit ist so wol wegen der verschiedenen Lage des Mi Fa, als wegen des verschiedenen Umfanges im Führer und Gefährten, nicht allemal zu erhalten. Denn wenn der Führer seinen Umfang von der Tonica bis zur Dominante z. E. von C bis G hat, so bleibet dem Gefährten nur der Raum von der Dominante zur Octave der Tonica, z. E. von G bis c übrig und also ein Ton weniger; denn wenn er auch den Umfang einer Quinte nehmen, und in D dur schließen wollte, so würde dadurch der Ton C ganz zernichtet.

Man hat große Vorsichtigkeit nöthig, daß man mit dem Gefährten nicht aus dem Ton herauskomme.[438] Diese Vorsichtigkeit ist vornehmlich im Anfange der Fuge nothwendig, bis der Ton dem Gehör vollkommen eingeprägt ist. Denn wenn dieses einmal geschehen ist, so kann man in dem Führer schon etwas mehr Freyheit mit Einmischung fremder Töne nehmen. Wenn z. E. in einer Fuge der Führer in A mol angefangen, und den Gesang bis in die Dominante E fortgeführt hätte, so muß anfänglich der Gefährte mit E anfangen, und dem Führer so ähnlich als möglich nachsingen, aber doch nur bis a steigen. Ist aber einmal die Tonart recht fest gesetzt, so kann denn der Gefährte auch wol bis h steigen, und dadurch seinen Gesang dem Gesang des Führers ganz ähnlich machen, wie hier, wo die untere Stimme der Führer, die obere der Gefährte ist.

Gefährte

Aber, wie gesagt, dieses geht erst alsdenn an, wenn der Gesang schon eine Zeitlang gedauert hat und der Ton völlig eingeprägt ist.

Es ist eine allgemeine Regel, daß der Gefährte seinen Gesang eine Quinte oder Quarte höher oder tiefer anfangen und enden müsse, als der Führer. Da nun der Führer in jedem Intervall von seiner Tonica anfangen kann, so hat auch der Gefährte so viel verschiedene Anfangsnoten. Man hat eine Fuge von dem alten Bach, aus dem F dur, da der Führer in der großen Septime und der Gefährte eine Quinte höher, und also im Tritonus des Haupttones anfängt. Einen sehr umständlichen Unterricht von der Beschaffenheit des Gefährten, findet man in Marpurgs Abhandlung von der Fuge.

1S. Fuge.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 438-439.
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