Pause

[885] Pause. (Musik)

Bedeutet eine Ruhe, das ist, ein kürzeres oder längeres Stillschweigen, das währender Aufführung des Tonstüks an einigen Stellen zu beobachten ist. So wenig die Rede in einem anhaltenden oder stäten Fluß der Stimme geht, so wenig kann dieses im Gesange geschehen. Sowol die Nothwendigkeit Athem zu holen, als die Deutlichkeit des Ausdruks erfodert unumgänglich verschiedene kleine Unterbrechungen, oder Ruhestellen. Die Zeichen wodurch diese Ruhestellen in der Musik angedeutet worden, und wodurch zugleich ihre Dauer ausgedrükt wird, werden Pausen genennt.

Der doppelte Ursprung der Pause, muß den Tonsezer leiten, sie an den gehörigen Stellen anzubringen, und ihre Dauer zu bestimmen. Nämlich in Singestüken muß er erstlich auf das Athemholen des Sängers Achtung geben, und also die Pausen dahin sezen, wo der Athem natürlicher Weise ausgehen muß, zweytens aber muß er fürnehmlich auf den Ausdruk und Nachdruk der Rede sehen. Wo die Aufhaltung in der Rede nothwendig wird, da muß sie auch im Gesange angebracht werden. Zwar werden die Pausen nicht allemal schlechterdings dabey nothwendig. Eine längere Note, oder eine Cadenz, kann oft dasselbige verrichten; aber die Pausen müssen sich nothwendig danach richten. Denn wie es ungereimt wäre, da, wo ein vollkommener [885] Sinn aus ist, und wo man einige Zeit braucht, ihn noch einmal zu überdenken, die Aufmerksamkeit schnell auf etwas neues zu führen, so übel wäre es auch mitten in dem Zusammenhang, ehe ein Gedanke aus ist, eine Unterbrechung zu machen, oder eine Pause anzubringen. Ihr Ort und ihre Dauer muß genau mit dem Inhalt übereinstimmen. Die Pausen, welche die Nothwendigkeit eingeführt hat, werden von feinen Tonsezern auch zur Zierde der Melodien gebraucht. Ofte wird durch eine wol angebrachte Pause, die Aufmerksamkeit des Zuhörers, den eine ununterbrochene Folge von Tönen in eine kleine Zerstreuung gebracht hat, aufs neu rege gemacht.

Endlich sind die Pausen auch nöthig um das Stillschweigen einer ganzen Stimme und der begleitenden Instrumente, wo sie eine Zeitlang ruhen, anzudeuten. Ein Stük muß nicht immer von denselben Instrumenten begleitet werden, und ofte wird so gar alle Begleitung eine Zeitlang aufgehoben. Alles dieses giebt Mannigfaltigkeit. In solchen Fällen sind Zeichen nöthig, die den Spielern die Länge ihres Stillschweigens vorschreiben. Deswegen müssen sowol ganze Takte, als jeder einzele Takttheil, des Schweigens durch besondere Zeichen ausgedrükt werden. Sie sind aber folgende.

Pause
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 885-886.
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