Abkapiteln

1. Wer abkapitelt eine andere Person, mag sein Examen erst selbst bestohn.

It.: Chi vuol dir mal d' altrui, pensi prima di lui. (Cahier, 2898.)


*2. Er hat ihn gehörig abkapitelt.Frischbier, II, 14.

Ihm ein Strafkapitel gelesen, ihn ausgescholten. Um das Jahr 760 stellte der Bischof Chrodegang von Metz zur Besserung der verwilderten Geistlichkeit eine bestimmte Lebensregel (Kanon) für dieselbe auf. Dieser Kanon verpflichtete sie, sich nach der Morgenandacht vor dem Bischof oder dessen Stellvertreter zu versammeln, der ihnen ein Kapitel aus der Bibel, besonders aus dem 3. Buch Mose, Leviticus genannt, vorlas, woran er die nöthigen Rügen und Ermahnungen knüpfte. Davon wurde der Saal, wo es geschah, Kapitelstube genannt. Daraus erklärt sich die obige Redensart: Einen abkapiteln, wie die andere: Einem die Leviten (s.d.) lesen. (Vgl. Büchmann, 10. Aufl., S. 232.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
Lizenz:
Kategorien: