1. Ein hinckender kompt ebenso weit, als einer, der grade füss hat, ohne dass er langsamer kompt. – Lehmann, 451, 1.
2. Vor einem Hinkenden muss man nicht hinken. – Hollenberg, III, 16.
Man soll nicht mit seinem Wissen und Können vor denen hervortreten, die mehr darin leisten; wird aber auch gegen die angewandt, welche sich gern über körperliche Gebrechen anderer lustig machen und sie spottweise nachäffen.
3. Wer eines Hinkenden spotten will, muss selbst gerade sein. – Simrock, 12332; Reinsberg IV, 55.
In Aegypten sagt man: Ein wunderlich Ding ist ein Augenkranker, der ein Augenarzt sein will. Und: So lange du selbst unbärtig bist, verspotte nicht den mit dem kurzen und dünnen Barte. Die Basken: Wer über krumme Beine spottet, muss selbst gerade haben. (Reinsberg IV, 55.)
Böhm.: Kdo se chce kulhavému smáti, musí sám rovné státi. (Čelakovsky, 273.)
Frz.: Qui veut guérir un boiteux, il faut qu'il marche droit. (Čelakovsky, 273.)
Lat.: Qui claudum subsanare vult, rectus incedat oportet. (Čelakovsky, 273.)
4. Wer mit Hinkenden umgeht, lernt hinken. – Reinsberg II, 65.
It.: Chi pratica col zoppo, impara a zoppicare. (Pazzaglia, 301, 2.)
Lat.: Claudo vicinus claudicare disces. – Claudo vicinus claudicat ipse brevi. (Seybold, 77.) – Laeditur Urbanus, non claudicat inde Hadrianus.
5. Wer unter Hinkenden aufgewachsen ist, dem ist das Geradegehen ein Greuel. (S. ⇒ Glied 21.)
Holl.: Gij moet voor mij niet mank gaan; ik heb al mijn leven in de kreupelstraat gewoond. (Harrebomée, I, 449.)
*6. Den Hinkenden abwarten.
Das Widerwärtige, was noch kommen kann.