Abderiten

[4] Abderiten, die Bewohner der Stadt Abdera in Thrazien, waren wegen ihrer natürlichen Anlage zu Albernheiten und tollen Streichen in ganz Griechenland sprüchwörtlich, wozu eine unter ihnen epidemisch gewordene Art von Wahnsinn die erste Veranlassung gegeben haben soll. Obschon Demokrit und mehre andere berühmte Männer zu Abdera geboren wurden, so galt doch Abderit allgemein als ein Spottname, und Abderitismus zu Bezeichnung des abderitischen Wesens. Sehr ergötzlich malt in satirischen Umrissen die Thorheiten Abdera's Wieland in seinen »Abderiten« und Lafontaine in seinem »Demokrit und die Abderiten«. In ähnlichem Rufe, wie Abdera bei den Griechen, stehen auch in Deutschland mehre Orte und es gibt fast kein deutsches Land welches nicht irgend einen Ort hätte, dessen Einwohnern und Magistraten Abderitenstreiche nacherzählt würden. Bekannt sind besonders Schilda im preuß. Herzogthume Sachsen, sodaß man gradezu jeden einfältigen Tropf einen Schildbürger nennt; Schöppenstedt im Herzogthume Braunschweig, wo vorzüglich der Magistrat in dem Rufe ausgezeichneter Einfalt stand, weshalb auch jeder einfältige Beschluß ein »schöppenstädtischer« heißt; Tripstrille im Großherzogthume Weimar; Buxtehude im hanöver. Herzogthume Bremen; und ehemals das Städtchen Königstein unter dem Namen Quirlequitsch im Königreiche Sachsen. Zum Sitze aller Spießbürgerlichkeit, Titelsucht und pedantischer Thorheit machte Kotzebue das von ihm erdichtete Städtchen Krähwinkel.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 4.
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