Baumannshöhle

[201] Baumannshöhle, eine natürliche Höhle des Harzes, im braunschweig. Fürstenthume Blankenburg, zwei Stunden von der Stadt Blankenburg, am linken Ufer der Bode und nahe bei dem Dorfe Rübeland gelegen, hat ihren Namen von dem Bergwanne Baumann, der sie zuerst im J. 1670 untersuchte, indem er Erz darin zu finden hoffte. Die Höhle besteht aus sechs größern und mehren kleinern Abtheilungen, die eine Länge von 768 F. haben, überall mit Tropfstein oder Stalaktit überzogen sind, dessen Bestandtheile das allenthalben durch die Felsenritzen sickernde Wasser mit sich führt und in Form jenes kalkigen Steines ansetzt. In dieselbe führt nur ein enger, 136 F. über dem Grunde des Bodethals gelegener, mit einer Thür versehener Eingang, durch den man zuerst in die größte, gegen 220 F. weite und über 30 F. hohe Abtheilung gelangt. In allen hat der Tropfstein Säulen und seltsame Figuren gebildet, welchen die von der Fackelbeleuchtung unterstützte Phantasie der Führer die Namen bekannter Gestalten, wie Nonne, Mönch, Orgel u.s.w. beigelegt hat; besonders merkwürdig ist in der vierten Abtheilung eine hohle, acht Fuß hohe Säule, die, wenn man daran schlägt, einen glockenähnlichen Ton von sich gibt, der einen sehr merkwürdigen Eindruck in diesen unterirdischen Gewölben hervorbringt, deren tiefe, schauerliche Stille nur das Geräusch der leise auf den Boden fallenden Wassertropfen unterbricht. Etwa 1000 Schritte von der Baumannshöhle befindet sich auf dem rechten Bodeufer im Berge Bielstein die nicht minder merkwürdige Bielshöhle, welche aus 12 Abtheilungen besteht, die zusammen 647 F. lang sind und gleichfalls eine Menge, vom Tropfsteine gebildete Figuren enthalten. Das Orgelwerk in der achten und das sogenannte wellenförmige Meer, wie die Führer den Boden der neunten Abtheilung nennen, sind darunter am bemerkenswerthesten; über und neben der vierten, fünften und sechsten Abtheilung befindet sich noch eine Höhle, welche gleichsam ein zweites Stockwerk des Ganzen ausmacht. Die Bielshöhle wurde 1762 entdeckt, nachdem ein Waldbrand das Gehölz weggeräumt hatte, welches ihren 100 F. über der Bode liegenden Eingang verdeckte; allein erst 1788 ward sie durch einen Bergmann Becker bequem zugänglich gemacht, den dafür die fürstl. Kammer in Blankenburg zum ausschließlichen Führer zu ihren Merkwürdigkeiten bestellte und der die Höhle mit zwei Thüren verschloß. Auf dem Bielsteine soll ehemals der Götze Biel verehrt worden sein, und altes Mauerwerk, das unter dem Rasen vor dem Höhleneingange gefunden wird, hält man für Reste seines, der Sage nach dort aufgestellt gewesenen Bildes. Der Eingang der Bielshöhle hieß früher auch das Mehlloch, weil sich dort in den Klüften des Gesteins viel seiner Kalkstaub angehäuft hatte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 201.
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