[400] Hofnarren waren Spaßmacher, welche nach den Kreuzzügen an den Höfen der Fürsten und von reichen und vornehmen Herren gehalten wurden. Sie wurden auch lustige oder kurzweilige Räthe, Tischräthe, Schalksnarren genannt und waren von sehr verschiedener Beschaffenheit.
Theils nämlich nahm man verkrüppelte, misgestaltete Menschen, Zwerge, Bucklige und dergl. zu Hofnarren, welche man lächerlich aufputzte, theils bekleideten diese Stelle Possenreißer der gröbsten Art, welche durch Grimassen, Zoten und plumpe Späße ergötzten, theils halb wahnsinnige, aber gutmüthige Menschen, welche mit sich spaßen ließen, aber alle Verhältnisse von ihrem verrückten Standpunkte aus ansahen und beschwatzten, theils endlich wirklich geistreiche und witzige Köpfe, welche die Narrenmiene nur annahmen, um lauter, ungenirter, beißender die Wahrheit sagen zu dürfen. Die Narren hatten das Privilegium, Alles zu reden, was ihnen einfiel, und nicht selten benutzten sie dasselbe, um ihren Herren auf witzige Weise Wahrheiten zu sagen, die jeder Andere nicht wagte auszusprechen. Doch wurden sie auch viel mit Worten gepeinigt und ihr Herr behandelte sie ganz als Leibeigne, ließ sie wol auch, wenn sie gar zu unverschämt wurden, auspeitschen. Auf dem geschorenen Kopfe trugen die Hofnarren eine eigenthümliche Kappe, die Narrenkappe, auch Kogel, Gugel genannt von dem lat. cuculus, d.h. Kuckuk. Diese runde Kopfbedeckung war ehemals allgemein Sitte und zum Abzeichen wurden den Narren Eselsohren und ein Hahnenkamm an dieselbe gesetzt. Früher waren auch die Schellen an den Kleidern allgemein getragen worden, welche die Narren später als eigenthümlichen Putz trugen. Die Kappe, der große Halskragen der Hofnarren und andere Theile ihrer Kleidung wurden mit Schellen besetzt. Die Waffe des Hofnarren bildete der Narrenkolben (franz. marotte), zu dem vielleicht ursprünglich die noch jetzt unter dem Namen Narrenkolben, Narrenscepter oder Rohrkolben bekannte Sumpfpflanze mit dicken Kolben genommen wurde, bis sie später aus Leder in Gestalt einer Herculeskeule gemacht wurden. Auch machte man zierlich geschnitzte Narrenscepter in kolbenförmiger Gestalt, welche oben mit einem Narrenkopfe geziert wurden. – Unsere Abbildungen zeigen den zu seiner Zeit berühmten Thevenin, den Hofnarren des großen Kaisers Karl V., und Cailette, den Hofnarren des franz. Königs Ludwig XII. Ein nicht weniger berühmter Hofnarr war Klaus Narr oder Klaus von Ranstädt am Hofe des sächs. Kurfürsten Friedrich des Weisen, dessen Schwänke durch den Druck bekannt gemacht wurden. Gegen das Unwesen, welches mit den Hofnarren getrieben wurde, indem sogar vieles [400] schlechte Gesindel von der Narrheit gleichsam Profession machte, eiferten mehrmals die Reichstage. Mit Zunahme der Bildung gegen Anfang des 18. Jahrh. kamen die Hofnarren allmälig von selbst ab.