Kanton

Kanton

[545] Kanton ist die Hauptstadt der südchines. Provinz Kuangtung, welche zu den fruchtbarsten des himmlischen Reiches gehört und reich an Gold, Perlen, Edelsteinen, Zinn, Reis, Ebenholz und Eisenholz ist.

Die Stadt heißt eigentlich Kuang-tscheu und liegt an den Flüssen Tschu-kiang oder Tigre und Pe-kiang, gehört zu den größten und volkreichsten in China und zerfällt, wie Peking und andere bedeutende Ortschaften, in zwei durch eine Mauer voneinander getrennte Theile, die Chinesen- und die Mongolenstadt. Die Straßen sind ziemlich eng und winkelig, aber gepflastert und sehr sauber; den Häusern entlang, die fast alle nur ein Stockwerk haben, laufen ununterbrochene Budenreihen, in denen Waaren feilgeboten werden, die der Chinese mit viel Geschmack und Eleganz auszustellen weiß. In manchen Gassen findet man nur einerlei Handwerker oder Kaufleute, die mit denselben Artikeln handeln. Die europ. Factoreien, welche Palästen gleichen, stehen am Ufer des Tschu-kiang und bilden ein eignes Quartier, auf welches die Engländer, Niederländer und andere Fremde, denen sämmtliche übrige chines. Häfen verschlossen wurden, beschränkt sind. Keiner von ihnen darf in einem andern Stadttheile wohnen; auch ist europ. Frauen der Aufenthalt nirgend, nicht einmal in den Factoreien, gestattet. Die beiden Hauptstraßen, New-China-Street und China-Street, sind ungemein lebhaft und haben ein europ. Ansehen. Unter den Gebäuden der chines. Stadt zeichnen sich nur die Tempel vortheilhaft aus. Übrigens befindet sich bei K. noch eine dritte Stadt von ganz eigenthümlicher Beschaffenheit, die sogenannte Wasserstadt. Der Tschu-kiang ist nämlich auf einer Strecke von beinahe einer deutschen Meile mit Kähnen und Barken von verschiedener Größe, Sampangs genannt, bedeckt, die in gerader Linie nebeneinander liegen und nur einen freien Wasserraum für die auf-und abfahrenden Schiffe lassen. Auf diesen Booten lebt eine ungemein zahlreiche Bevölkerung, die vielleicht 100,000 Seelen übersteigt und Jahr aus Jahr ein keine andere Behausung hat. Die Weiber und Kinder derselben kommen oft Monate lang nicht ans Land. Die Männer sind Fischer, Taglöhner, Lastträger und Bootsleute. Einen Theil dieser Wasserstadt nebst der Vorstadt stellt die umstehende Abbildung dar. K. ist durch den ausgedehnten Handel und seine Stapelgerechtigkeit die reichste Stadt in China geworden und hat sicherlich mehr als eine halbe Million [545] Einw. Die Engländer geben hier zwei engl. Zeitungen heraus Den Hafen der Stadt, bis zu welcher größere Seeschiffe nicht fahren können, bildet Whampoa. hier befinden sich auch die chines. Zollstätten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 545-547.
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