Edelsteine

[618] Edelsteine heißen diejenigen seltenern Steine, welche mit vorzüglicher Härte eine hohe Politurfähigkeit, schöne Färbung oder Farblosigkeit und Glanz vereinigen, auch mehr oder weniger durchsichtig sind und dieser werthvollen Eigenschaften wegen hauptsächlich zu Schmucksachen verarbeitet werden. Man findet sie in den Gebirgen, doch auch in manchen Flüssen und ebenen Gegenden, wohin sie durch Wasserfluten gerathen sind und zum Theil von einer gemeinen Steinart. Mutterstein genannt, umschlossen. Ihre Bestandtheile sind verschiedene Grunderden, meist Kiesel-, Thon- und Kalkerde, aus denen ihre Entstehung der Krystallisation, ihre Färbung aber metallischen Beimischungen zugeschrieben wird. Früher zählte man alle zu den Kieseln, was aber mit dem Diamant (s.d.) nicht mehr geschieht. Je nachdem sie Grade vereinigen, werden sie in eigentliche oder Ganzedelsteine und in Halbedelsteine unterschieden; im Handel werden gewöhnlich zu den erstern Diamant, Sapphir, Rubin, Smaragd, Chrysoberyll, Spinell, Topas, Beryll, Zirkon, Granat, Turmalin, Hessonit, edler Opal, Feueropal und Chrysolith, alle übrigen zu den Halbedelsteinen gezählt, doch gilt dabei ebenso viel Willkür, wie bei der Anordnung ihres Ranges in folgender Art: Diamant, Rubin, Sapphir, Topas, Smaragd, Amethyst, Granat, Hyacinth, Beryll, Chrysolith, Carneol, Chalcedon, Achat, Opal, Onyx, Sardonyx, Lasurstein, Turmalin, indem zufällige Umstände und selbst die Mode über ihren Werth entscheiden. Im Handel werden ferner manche Namen, ganz abweichend von der Mineralogie, sehr verschiedenen Edelsteinen beigelegt, welche blos eine oder die andere ins Auge fallende Eigenschaft gemein haben, wie z.B. die rothe Farbe, wegen der sehr verschiedene Steine unter dem Namen Rubin verstanden werden. Ebenso werden auch ausgezeichnet schöne Edelsteine häufig oriental. genannt, sie mögen herstammen, woher sie wollen, wie z.B. der schönste Smaragd, welcher blos aus Südamerika kommt, weil in der Regel Ostindien die schönsten Edelsteine liefert. Es werden deren aber auch in andern Ländern Asiens, sowie in Amerika, namentlich in Brasilien, und viele Arten in Europa und auch in Deutschland gefunden, und der böhm. Granat übertrifft sogar den oriental. an Schönheit. Von den Kennzeichen, nach denen man die Edelsteine unterscheidet und ihre Echtheit beurtheilt, ist die jeder Art, wie überhaupt den meisten Fossilien eigenthümliche äußere, von Natur regelmäßige Gestalt, welche man ein Krystall (s.d.) nennt, nur bei unbearbeiteten von Belang, zu den wichtigsten Merkmalen aber gehören die Härte und das specifische Gewicht. Der härtere Edelstein ritzt immer den minder harten, wird aber von diesem natürlich nicht angegriffen, sowie er auch durch eine Feile oder Stahlspitze nur schwerer oder gar nicht verletzt werden kann, wie der Diamant, das specifische Gewicht aber wird auf gewöhnliche Art (s. Dichtigkeit der Körper) ermittelt, um mit dem von jeder Art bekannten verglichen werden zu können.

Unter Fehlern der Edelsteine versteht man: sogenannte Federn, d.h. längliche matte Stellen, welche von Rissen oder kleinen Spalten in den Steinen herrühren; unreine, gewölkte innere Flecken, die Wolken heißen, und dergleichen Verunreinigungen in Form von Körnern oder Staub, daher auch Sand und Staub genannt, zu deren Entdeckung nicht immer die sorgfältigste Betrachtung durch gute Vergrößerungsgläser hinreicht. Von Verfälschungen kommen außer den gewöhnlichsten durch Unterschieben geringerer Edelsteine für kostbarere oder Ausgeben künstlicher oder unechter, die jetzt sehr täuschend hergestellt werden, für echte, auch noch das sogenannte Doubliren vor, wie man dir Künstliche Verbindung eines echten und eines unechten Steines zu einem täuschenden Ganzen nennt, wobei z.B. nur die obere Hälfte eines in irgend einer Form geschnittenen dickern[618] Edelsteins echt, die untere aber aus mit Mastix daran gekittetem Bergkrystall oder Glasfluß besteht; auch gibt es sogenannte Hohldoubletten, die aus einem Obertheile von Bergkrystall bestehen, in dessen untere ebene Fläche eine Höhlung gebohrt, mit einer bunten Flüssigkeit gefüllt und mittels eines aufgekitteten Krystallblättchens verschlossen worden ist; alle Doubletten erkennt man am zuverlässigsten durch Eintauchen der Steine in heißes Wasser, welches den Kitt auflöst, wo dann beide Theile sich trennen. Da die Farbe der Edelsteine meist beständig ist, so gibt sie auch ein wichtigeres Merkmal als bei andern Mineralien ab, wo sie veränderlich ist. Ganzedelsteine sind in der Regel einfarbig, Halbedelsteine aber bald ein-, bald vielfarbig; die bis jetzt in verschiedenen Abstufungen daran wahrgenommenen Farben sind: grün, gelb, blau, violett, roth, braun und wasserklar oder farblos, der höchste Grad des Glanzes aber heißt an Edelsteinen ihr Feuer. Im Handel kommen die Edelsteine meist bearbeitet vor, wodurch sie die zur Benutzung tauglichen Formen erhalten und ihre werthvollen Eigenschaften erst recht ins Auge fallen. Sie werden zu diesem Behufe mit seinen Meiseln nach dem Blätterdurchschnitte, wo sie sich leichter spalten lassen, getheilt oder durch metallene und kreisförmig bewegte Scheiben mittels Öl, Demantpulver und Schmirgel zersägt. Man entfernt auf diesem Wege die Flecken und fehlerhaften Stellen, soweit es geht und bereitet die Steine für das Schleifen und Poliren (s. Steinschneidekunst) vor, durch welche sie von der äußern, unansehnlichen Rinde gesäubert, in gefällige Formen gebracht und auf diesen ebene Flächen, die sogenannten Facetten (s.d.) hergestellt werden. An diesen Formen unterscheidet man: den Obertheil, welcher nach der Fassung der in die Augen fallende Theil des Steins bleibt; den Rand oder die Rundiste, was der breiteste und der Theil des Steins ist, an dem er beim Fassen befestigt wird und der in der Mitte liegt, wenn er noch einen Untertheil hat, was aber manchen Formen abgeht; mehre bilden auch nur Flächen und eine jede hat ihren besondern Namen. Die günstigste Form, die Eigenschaften der Edelsteine geltend zu machen, ist der Brillant, der aus zwei abgestutzten, mit den Grundflächen verbundenen Pyramiden besteht, also Obertheil, Rundiste und Untertheil und oben und unten Facetten hat. Spitzstein heißt die jetzt veraltete, achtseitige Krystallform des Diamant; die Rosette und Rose ist der Hauptform nach eine Pyramide und hat zwei Reihen Facetten, von denen die obern eine Spitze bilden; Tafelsteine besitzen eine geringe Dicke, sind eine oben und unten sehr flache Form und werden mitunter an den Kanten der Tafel mit Facetten versehen; der Dickstein stimmt in der Hauptsache mit dem Brillant überein und ist manchmal nur Vorbereitung auf diesen; Portraitsteine sind sehr dünne, flache, am Rande meist mit kleinen Facetten versehene Diamantblättchen, heißen auch Brillantglas und dienen zum Belegen kleiner Portraits an Ringen; Senaille heißen Diamantsplitter mit Facetten; Bastardform ist eine aus den bisherigen zusammengesetzte und Kappgut sind Steine mit unregelmäßigen Facetten. Alle bisherigen Formen kommen am Diamant, doch auch an andern Edelsteinen vor, ist jedoch schlechthin von einem Brillant, von Rosen u.s.w. die Rede, so werden damit stets Diamanten gemeint. Bei farbigen Steinen wird besonders der Treppenschnitt angewendet, welche Form auf dem Ober- und Untertheile länglich viereckige Facetten hat, von denen die der obern Fläche oder Tafel und der untern oder der Kalette nähern mehr geneigt sind, wodurch ein treppenähnliches Ansehen entsteht. Zuweilen ist der Treppenschnitt nur am Untertheile und am Obertheile der Brillantschnitt angebracht, was dann gemischter Schnitt heißt, oder die Tafel des Obertheils mit zwei Reihen dreiseitiger Facetten umgeben, deren Spitzen abwechselnd auf-und abwärts gekehrt sind und darum doppelte Facetten heißen. Durch den muschlichen oder muglichen Schnitt werden beide oder nur eine der Seiten des Steins gewölbt, wo dann die untere flach bleibt; der Obertheil wird dabei oft mit Facetten versehen und bei undurchsichtigen Steinen auch wol eine runde Höhlung in der untern Seite angebracht, um ihr düsteres Ansehen zu vermindern. Die Alten verstanden sich nicht auf diese Bearbeitung der Edelsteine, dagegen schnitten griech. und röm. Steinschneider erhabene und vertiefte Figuren mit einer noch nicht wieder erreichten Kunstfertigkeit darauf ein. Die Verbindung der Edelsteine zu Gegenständen des Schmucks oder ihre Befestigung an Dingen, welche damit verziert werden sollen, heißt das Fassen oder die Fassung derselben. Sie geschieht entweder mittels eines um die Rundiste gelegten metallenen Reises, sodaß Ober- und Untertheil frei bleiben (Fassung à jour) oder durch Einsetzen des Untertheils in ein metallenes Gehäuse, den sogenannten Kasten. Das Letztere erlaubt durchsichtige Steine mit Unterlagen von Folie oder Färbungen an der Unterseite zu versehen, welche Glanz und Farbe erhöhen und Fehler verbergen helfen. Wasserklare Steine werden besser in Silber als in Gold gefaßt; ist keine besondere Sicherheit der Fassung nöthig, so werden Steine à jour auch in Krappeln gefaßt, d.h. blos durch einzelne um die Rundiste gelegte Krallen befestigt; größere Steine. erhalten oft eine Einfassung von kleinern, die so gewählt werden, daß sie die größern heben, was Karmoisiren heißt. Ganzedelsteine werden gewöhnlich nach dem in Karaten (s.d.) bestimmten Gewicht verkauft, Halbedelsteinen geringerer Art gibt aber meist nur die Bearbeitung und Fassung Werth. Ausführlicheres findet man in Blum's »Taschenbuch der Edelsteinkunde« (Stuttg. 1832).

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 618-619.
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