Rheinweine

[698] Rheinweine würden im Allgemeinen sämmtliche Weine heißen können, welche an beiden Ufern des Rheins gebaut werden, wo sich mit geringen Unterbrechungen vom Bodensee an bis hinunter nach Bonn unzählige Weinberge befinden. Zum großen Theile werden sie jedoch blos nach der Gegend oder Lage, wo sie wachsen, z.B. als Seeweine, Elsasser, Markgräfler, Pfälzer, Haardtweine und Naheweine benannt und für Rheinweine im eigentlichen Sinne gelten blos die, welche in der Umgegend von Mainz, bei Nierstein, Laubenheim und tiefer hinab im Rheingau (s.d.) wachsen. Die besten Sorten werden hier oberhalb Bacharach gebaut und sind sämmtlich weiße Weine. Der kostbarste ist der Schloß-Johannisberger, welcher auf Schieferboden wächst, aus sogenannten Rieslingstrauben, die man sehr lange reisen läßt, mit großer Sorgfalt bereitet und der erst nach einem Jahre von den Drusen abgezogen wird. Nachher folgen: Rüdesheimer Bergwein, der von einer sehr großen und würzhaften, sonst im Rheingau nicht verbreiteten Traubensorte, Orleans oder Harthengst genannt, bereitet wird; Hochheimer aus der sogenannten Domdechanei und Karmeliterlage; Grafenberger und Steinberger. Auch der Markebrunner, Geisenheimer, Rothenberger, Scharlachberger und Liebfrauenmilch, Niersteiner und Laubenheimer werden sehr geschätzt; der Hochheimer wird übrigens von Manchen zu den Mainweinen und die Liebfrauenmilch zu den pfälzern gezählt. Unter den rothen Rheinweinen ist der Asmannshäuser der vornehmste und vereinigt milden Geschmack, Feingeruch oder Blume und Geist mit eigenthümlich schöner Färbung; mehre andere rothe Sorten werden, weil sie geringe Dauer besitzen, nicht weit verführt. Die bessern Rheinweine brauchen nur in vier folgenden Frühjahren immer bei heiterm Wetter abgestochen und stets gehörig aufgefüllt zu werden, um lange Jahre haltbar zu sein, lassen sich zu Lande und zu Wasser ohne Nachtheil versenden und gehen bis nach Ostindien. Vorzügliche Jahrgänge waren: 1748, 1760, 1762, 1775, 1779, 1780, 1781, 1783, 1794, 1802, 1811, 1819, 1822, 1827 und 1834. Durch langes Lager gewinnen die Rheinweine im Allgemeinen an Feuer, jedoch nicht an Wohlgeschmack, und man hält es jetzt überhaupt für zuträglicher, die edlern Gattungen nach 3–4 Jahren guter Pflege zu genießen; sehr alte Weine werden nur nach Rußland und England noch in Menge begehrt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 698.
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